Servus beisammen,
Wie angekündigt, eine weitere Detailbetrachtung des etwas anderen Rammstein-Videos: Pussy
Den bildlichen Inhalt des Videos muss ich wohl keinem hier erklären, ist er doch erstmal selbsterklärend. Widmen wir uns einmal dem Text:
Too big, too small
Size does matter after all
Zu groß, zu klein
Er könnte etwas größer sein
Der Ich-Erzähler erklärt die Größe für etwas nebensächliches, räumt aber sein, dass sein "Schlagbaum" doch wohl etwas größer sein könnte. Ein kleiner Minderwertigkeitskomplex?
Mercedes-Benz, Autobahn
Alleine in das Ausland fahr'n
Reise, Reise, Fahrvergnügen
Ich will nur Spaß, mich nicht verlieben
Der Mercedes in diesem Fall als Spießerfahrzeug, mit dem es dann ins Ausland geht. Die Gründe hierfür können unterschiedlich sein:
- Billiger Sex (Geld geht für Statussymbol drauf)
- Unbekannter Sex
- Hoffnung im Ausland auf freundlichere Frauen zu treffen (-> unterwürfiger?)
- Doppelmoral / Scham
You got a pussy - I have a dick
So what's the problem?
Let's do it quick
So take me now before's too late
Life's too short - I cannot wait
Take me now - Ohh don't you see?
I can't get laid in Germany
Unser unterfickter Sextourist kann nicht mehr warten, hat er schließlich keine Möglichkeit in der Heimat an die holfe Maid zu kommen. Gehen wir mal weiter vom Spießer aus, lässt er jetzt wohl im Ausland komplett die Sau raus und benimmt sich mal wieder vollkommen daneben. Auch wenn im internationalen Vergleich deutsche Urlauber nicht am schlechtesten dastehen, gibt es doch auch immer wieder dieses Bild des verklemmten Deutschen, der zum Spaß ins Ausland fährt und in der Heimat denTugendterror rauslässt. Dazu später mehr
Too short- Too tall
Doesn't matter your size fitts all
Zu groß - Zu klein
Der Schlagbaum sollte oben sein
Schönes Fräulein - Lust auf mehr?
Blitzkrieg mit dem Fleischgewehr!
Schnapps im Kopf, du holde Braut?
Steck Bratwurst in dein Sauerkraut!
Hier ist der Schlagbaum mal wieder in zweierlei Hinsicht zu werten:
- Grenzöffnungen, die den Spaß im Ausland erst erlauben
- Phallussymbol
Ja, unser lieber Sextourist scheint neben seinen Bezirzungsproblemen und der allgemeinen Größe auch noch Bedienungsprobleme zu haben, ums mal freundlich auszudrücken. Neben einer Errektionsstörung scheint da noch etwas anderes zu sein, ist doch Blitzkrieg mit dem Fleischgewehr einerseits vielleicht eine Metapher für das schnelle Erobern einer Frau, aber auf der anderenseite für Schnellfeuer und somit für vorzeitigen Samenerguss.
Und auch obwohl er zu Nutten geht, muss er sie abfüllen? Oder ist das eher eine Metapher für die "Ey Alda schwör, isch fick foll fiele auf Partey-Urlaub"-Truppe?
Fassen wir den Text also dementsprechend zusammen:
Ein Deutscher ohne Chance bei Frauen fährt mit seinem Statussymbol ins Ausland, um die Sau rauszulassen. Er hat einen Minderwertigkeitskomplex durch sein zu kleines bestes Stück, seine Errektionsprobleme und seinen vorzeitigen Samenerguss. Doch auch im Ausland muss Gleitmittel Alkohol dran...
Zum Video:
Der liebe Till sitzt BILD lesend im Morgenmantel in seinem Hotelzimmer, hat aber das Bedürfnis den Playboy zu spielen und ein Zimmermädchen sich untertänig zu machen. Lindemann symbolisiert den deutschen Spießer, der im Ausland die Sau rauslassen will. Das beteiligte "Zimmermädchen" wirkt dabei nicht so glücklich wie er, so ist das ganze wohl nur einseitig befriedigend. Die beilaufende erste Zeile tut dabei ihr übriges.
Schneider als CEO sucht wohl die bloße Zerstreuung, kann sich aber auch in seinen Sexfantasien nicht von der Arbeit lösen. Ein Sklave des Kapitals, wenn man so will. Er wirkt kühler und distanzierter, während die "Assistentin" eher versucht ihren Kunden zu verführen und demnach auch befriedigter schaut, als ihre Vorgängerin.
Paul Landers ist da wieder mehr auf Spaß aus, seine Rolle hat da noch mit das entspannteste Verhältnis zur empfangenen Dienstleistung, weswegen auch beide ihren Spaß haben.
Schneider als Mr Slave kann hierbei wieder mehr in der Symbolwirkung gesehen werden, lebt er schließlich "seltsamere" Gelüste im Ausland aus. Kruspe wiederum als Partyboy ist wohl auch einer jener, der wohl lieber erobert hätte, statt bezahlt. In der Behandlung des Koffers kann evtl eine gewisse Frauenverachtung erkennen, wird hier schließlich die Frau in der Szene mehr zum Objekt, als zum Gegenpart. Lorenz' Part als Heshee ist wohl wieder das Zeichen des Auslebens bizarrer Fantasien außerhalb der Heimat.
Alles in allem setzt sich hier eigentlich ein Kurs aus Keine Lust fort, ist es doch in Teilen eine weitere Darstellung von Dekadenz. Lindemann als Spießer, der sich gutsherrenartig eine Frau zu eigen macht - wenn auch nur für kurze Zeit (Blitzkrieg mit dem Fleischgewehr!) und durch die Tatsache, wie er sich im Ausland verhält schon eine gewisse Imperialismus-Symbolik mitbringt. Auch das Aufzeigen bürgerlicher Doppelmoral (wie auch in Mein Teil) ist in dieser Darstellung zu finden.
Die Mikrophonstelle
Die allgemeine Provokation und die Laibach'sche Überidentifizierung habe ich jetzt mal außer Acht gelassen. Deswegen hat die Mirkophonszene in der Bridge eine ganz andere Bedeutung für mich, kann man hier schließlich interpretieren, dass zur Eroberung des Auslandes durch das Fleischgewehr aufgerufen wird und man dementsprechend Heere von Touristen das Ausland überschwemmen lassen will. Tja, der Schlagbaum sollte oben sein.
Andererseits: Ein Sänger, der Hitlers Gestik umringt von Mikrophonen nachahmt und dabei ruft I can't get laid in Germany
Humor konnte man Rammstein noch nie absprechen, wird hier schließlich auch das Bild des militaristischen Faschisten parodiert, der trotz seiner strikten Moralvorschriften in der Heimat im Ausland die Sau rauslässt (in mehrfacher Hinsicht) und keine Frau abkriegt. Das Ganze erinnert doch stark an Schrei nach Liebe der Ärzte.
Das Lied ist stark an übliche Partylieder angelehnt und hat auch ne starke Technonote. Musikalisch und textlich auf den ersen Blick absoluter Trash, auf den Zweiten doch mit einer tieferen Aussage, als man denken man. Es wird auf den ersten Blick durch das verbreitete Bild von Promiskulavität positiv wahrgenommen, ist aber kein positives Lied, beschreibt es doch einfach eine arme Sau, die nichts auf die Reihe in sozialen Dingen zu kriegen scheint
Durch die blanke Überspitzung ist auch wieder eine gewisse Kritik an der Amerikanisierung zu sehen, scheint dieser Promiskulavitätskult doch von den USA importiert (ob das wirklich stimmt, sei mal dahin gestellt ;)), worauf wieder die englischen Zeilen angewendet werden können.
Mal ne Meinung:
Alles in allem ist Pussy handwerklich natürlich nicht mit den anderen Rammsteinwerken vergleichbar. Muss es aber auch nicht. Es ist eine herrlich skurile Parodie-Partyhymne
Auch wenn ich denke, dass das jetzt doch etwas zu oberflächlich war, schließe ich die Deatilbetrachtung vorerst ab. Vielleicht folgt noch eine Fortsetzung, ansonsten gibts bald die nächste Betrachtung