Sind Rammstein (technisch) gute Musiker?

  • Falls das Thema keinen eigenen Thread wert ist, kann er einfach geschlossen werden.


    Der Gedanke kam mir letztens beim Hören der Immortalized-Scheibe von Disturbed: "Könnten die Steine wohl auch so einen technisch anspruchsvolleren Kram spielen, als sie das bei Rammstein tun?"
    Es ist ja kein Geheimnis, dass die Songs von Rammstein technisch eher simpel zu spielen sind, im Vergleich zu anderen Bands im Rock- und Metalbereich. Mir ist natürlich völlig klar, dass dies dem Genre "geschuldet" ist und gerade dieser schnörkellose, monotone und dadurch umso effizientere/brachialere deutsche Sound ein Markenzeichen und Alleinstellungsmerkmal von Rammstein ist und ich ihn gerne höre.
    Trotzdem würde es mich mal interessieren, was ihr darüber denkt. Sicherlich ist das zum großen Teil natürlich Spekulation.
    Gibt aber ja zum Beispiel zahlreiche Interview-Aussagen der Bandmitglieder, die in die Richtung gehen: Wir sind keine exzellenten Musiker etc. Jedoch spielen sie ihre Instrumente jetzt schon seit Jahrzehnten... Hinzuziehen könnte man natürlich auch noch frühere Bands der Jungs wie Orgasm Death Gimmick, Die Firma, Feeling B usw., sowie aktuell Emigrate. Vielleicht ist ja der ein oder andere Musiker/ Experte unter euch, der das schon mal analysiert hat.


    Bei mir gabs zum Beispiel so einen kleinen Moment bei der Webisode Nr. 1 zum SSL Album von Emigrate am Anfang, wo Richard ein kurzes flottes Solo hinlegt und ich dachte: hui, der kann ja auch recht flottes zeug ganz easy spielen... Und auch das ein oder andere Solo auf den Alben von Emigrate klingen ja relativ anspruchsvoll. Hab da aber (leider) recht wenig Ahnung davon.


    Es bietet sich auch an, das Ganze in die einzelnen Mitglieder zu unterteilen


    Also Leute, etwas provokant formuliert: Sind Rammstein bzw. die einzelnen Mitglieder in euren Augen (oder Ohren) wohl auch gute Musiker und rein technisch zu mehr im Stande als sie im "Korsett Rammstein" zeigen? Bin auch sehr gespannt auf das neue Album, das ja zumindest für Rammstein-Verhältnisse sehr experimentell werden soll...
    Nochmal, mir ist klar, dass es zum Teil reine Spekulation ist. Jedoch interessiert es mich und hoffentlich auch den einen oder anderen von euch, wie ihr darüber denkt :hi:
    PS: Für Rammstein an sich ist es natürlich völlig egal. Solange sie ihre eigenen Songs spielen können und diese gut klingen, ist ja alles gut, aber darum soll es hier ja hauptsächlich nicht gehen.

  • wem ich auf jeden Fall mehr zutraue, ist Oli, der ist auch derjenige der latent Kritik an der Musik von Rammstein in Interviews anklingen lässt, weil ihm manches (auch textlich) zu simpel gestrickt ist.


    Richard ist auch Vollblutmusiker, da denke ich ebenfalls, dass man ihm mehr abverlangen könnte.


    beim Rest schließe ich es nicht aus, habe aber das Gefühl, dass ihnen reicht, was sie können/leisten müssen. wobei ich auch nicht weiß, inwieweit man an bei einem Schlagzeug Potential nach oben hat, ich denke, da ist eher Schnelligkeit gefragt.
    gerade auch was Flake angeht, ist eine Entscheidung schwer, musikalisch sieht man von ihm am wenigsten. ich denke, er gleicht das mit ein paar gute Ideen aus.


    über Tills Gesang muss man nicht mehr viel sagen, er hat seinen Stil gefunden, dafür lieben die Fans ihn. dass er eines Tages noch einmal überrascht mit einem Experiment schließe ich aus.


    Trink das Schwarz in tiefen Zügen :kaffee:

  • Es wäre arg dumm, zu behaupten, dass Rammstein keine technisch versierten Musiker wären. Wenn man etwas sein ganzes Leben lang gemacht hat, wird man schon das Bestmögliche erreicht haben.
    Da sich Rammstein so massiv ausgezahlt hat, dass man nicht noch etliche andere Nebenbands gründen muss, um überleben zu können, sehen wir die meisten Herren auch nicht in anderen Musikprojekten.
    Rammstein machen diese Musik, weil sie beschlossen haben, dass es genau diese stumpfe 4/4 Stampfmusik ist, die sie machen wollen. Dass sie deshalb nebenher nicht doch altersgemäße Perfektion am jeweiligen Instrument erreicht haben werden, weil sie privat sicherlich vielerlei (auch schwierigere) Musikstile hören und auch spielen werden, wäre dumm anzunehmen. Zum Beispiel gab es ja das Livevideo von Flake beim Soundcheck, wo er auf seinem Piano mal einen flotten Ragtime dudelt. Das würde er sicher nicht können, wenn er nur Samples auf 2-3 Tasten abfeuern könnte. Richard ist sicherlich ein überaus virtuoser Musiker an der Gitarre. Für Paul gilt das Gleiche wie für Richard. Der hat auch nix anderes im Leben gemacht außer Gitarre spielen, und nur weil er außerhalb von Rammstein nicht als Gitarrist in Erscheinung tritt, und dort "nur" Rhythmus macht, heißt das nicht, dass der nicht auch die Solos raushauen kann wie ein Gott - wobei er ja unter dem Namen APUL bemerkenswert gute Remixes hingezaubert hat. Bei Oli weiß man nichts genaues, ob es den überhaupt wirklich gibt, ist mir manchmal zweifelhaft, aber der wird auch Bass und Gitarre hervorragend beherrschen.


    Der technische Perfektionist ist in meinen Augen Schneider. Ich habe KEINE Ahnung vom Schlagzeugspiel, aber die Freude und Versiertheit die dieser Mensch beim Spiel zeigt, beeindruckt mich tiefstens aufs Neue. Er haut ja auch immer wieder mal neue, noch schnellere Variationen in die Lieder rein.


    Der "schlechteste" Musiker ist sicherlich Till. Der hat nie eine klassische Gesangsausbildung genossen, wobei mittlerweile das auch sicher, aber der wurde erstmal nur für den markanten Klang seiner Stimme und sein Erscheinungsbild bekannt - wobei, Momentchen mal, war der nicht mal auch Drummer....als technisch guten Sänger würde ich ihn nicht bezeichnen. Aber muss er auch nicht, denn er hat die Gabe, seine Gedankenwelt in sehr schöne Worte zu fassen. Und er IST nun mal live Rammstein. Ohne Till als Frontmann wäre das sicherlich nichts geworden.


    Komponieren können laut GEMA und Albenbooklets immer alle gleichmäßig gut. ;)

  • Aus meiner Sicht sollte man die Frage in zwei Bereiche unterteilen:


    1. Wie gut ist jeder einzelne Musiker auf seinem Instrument welches er in der Band spielt - wobei "gut" hier ein noch zu definierender Begriff ist
    2. Wie gut sind die einzelnen Member in ihrer Musikalischen Gesamtsicht.


    Frage 1
    Richard und Paul sind meiner Vermutung nach gute Gitarristen. Was beide auszeichnet ist ein äusserst präzises (timing) und sauberes (riff greiffen) Spiel - in diesen kategorien sind die beiden sicher absolut exzelent. Selten hört man arge Vergreiffer. Simple bis mittlere Standard Solos werden vermutlich beide können. Ob die beiden aber auf Death-Metal Niveau Rythmen spielen können, würde ich hier jetzt mal offen lassen. Die Speilart von RAMMSTEIN im Vergleich zu anderen Metalbands ist - wie hier im Thread schon erwäht - sehr anders. Während übliche Death- oder Thrash-Metal Bands eher auf Speed (16tel bis 32igstel) gehen beim Anschlag ziehen RAMMSTEIN einfach normale 4tel durch. In der Regel auch gehaltene Töne. Am Beispiel vom Song "Liebe ist für alle da" welcher sich noch am ehesten an üblichen Death- und Thrash-Metal orientiert (Intro mit Gitarren) ist rauszuhören, dass sie bis zu einem gewissen Grad das Verständnis und die Fähigkeit dazu haben. Es ist eine reine Annahme von mir, aber ich denke in diesen Bereichen sin die Fähigkeiten gegen oben noch ziemlich offen - bei beiden.


    Flake: Bei den beiden gehe ich schwer davon aus dass da wesentlich mehr rauszuholen ist. Hat man ja auf der vorletzten Openair Tour gesehen als MHB von Flake auf dem Flügel gespielt worden ist. Gemäss "Tastenficker" hat er ja auch Stunden im Klavierspiel genommen, was ihm sicherlich hilft. Was Flake bei RAMMSTEIN macht ist aber nicht zu unterschätzen. Ein Keyboard - egal wie simpel es schlussendlich klingen mag - hat seine Finessen. Dazu gehört nicht nur stupides Tastendrücken, sondern auch die fähigkeit via Velocity, modifier und verschiedenen Software-Pads noch am Sound zu arbeiten. Von dem was man sieht und hört halte ihn für einen guten bis sehr guten Keyboarder und einen sicher guten Klavierspieler.


    Olli: Finde ich am schwersten zu beurteilen. Seemann ist grad das einzige Lied welches mir in den Sinn kommt wenn es darum geht seine Fähigkeit einzuschätzen. Es ist sicher nicht enorm komplex aber bedarf doch einiges an Übung. Bei anderen Songs kommt er halt - dem Musikstyl geschuldet - nicht sehr zur Geltung. Was man aber sieht ist, dass er zumindest mit den Fingern spielt und nicht mit einem Plek - können auch nicht alle, ist aber schlussendlich eine Frage der persönlichen Präferenz.


    Schneider: Sein Spiel ist in den letzten Jahren - zumindest auf den Alben - erheblich komplexer geworden, was aber auch am Songwriting liegen wird. Wenn man hört was er Live macht und wie er seine Drumparts ausarbeitet würde ich auch ihn als guten Drummer bezeichnen. Hier den Vergleich zu anderen Metaldrummern zu ziehen ist fragwürdig, da diese ganz andere Spielarten an den Tag legen. Extreme Blastbeats z.B. erforden enorme Präzision und Schnelligkeit. Ob er das hat dürfte für uns wohl nicht rauszufinden sein.


    Till: seinen Gesang hat er von Album zu Album erheblich verbessert. Ein vergleich von Herzeleid zu LIFAD zeigen Welten auf. Allerdings ist er nach wie vor kein überragender Sänger. Teilweise sind Liveperformances grottig oder kehlig. Hat aber auch damit zu tun dass er nicht nur dasteht wie ein eingeschlagener Pflock sondern sich beweget und die Leute animiert. Im Studio leistet er sicher gute Arbeit, aber auch hier bin ich der Meinung wurden auch schon mit Pitchshiftern nachgeholfen. Dies ist keinesfalls verkehrt - das machen alle - aber Parts wie "Ich tu dir weh" kriegt er wahrscheinlich nur mit vielen Versuchen und etwas Plugin-Hilfe hin.


    Frage 2:
    Ich würde mal behautpen dass grundsätzlich alle RAMMSTEINER eine gute bis sehr gute Grundlage von Musiktheorie, Arrangements und Produktion haben. Hört man sich den Eisenmann an (abgesehen von der Tonqualität dieser Proberaum-Aufnahme) oder auch "Was ich liebe" hört man gut, dass die Songs auch ohne Jacob Hellner bereits auf einem guten bis sehr guten Weg sind.

    Hoffnung - Ohne, wär' ende!


    Zitat; Till Lindemann

  • Ich denke auch, dass Flake ein ziemlich guter Pianist/Keyboarder ist. Hat ja auch live überzeugt bei der Piano-Version von MHB. Außerdem musste er ja ob der stumpfen Spielweise sogar erst überredet werden, der Band beizutreten.


    Oli könnte wohl auch mehr. Er überzeugt bei Rammstein live (und wahrscheinlich auch auf Platte) mit schöner Akkustik-Gitarre. Zudem sieht das Solo bei Asche zu Asche und sein Part bei Seemann auch nicht ganz unkompliziert zu spielen aus.


    Ich stimme allerdings Bane zu, dass wohl mit am meisten Potenzial Richard hat. Der lebt für die Musik. Ich hab nur selbst bei Emigrate das Gefühl, dass er sich noch nicht ganz von der Leine gelassen hat. Würde mich mal interessieren, zu was er wirklich technisch im Stande wäre... Muss natürlich auch zum Song passen. Der Industrial-Bereich ist für die ganz große Virtuosität an der Gitarre natürlich nicht so prädestiniert...
    Ich sehe bei ihm jedoch eine immense Kreativität beim Komponieren, die er selbst ja schon immer anspricht. Das ist wahrscheinlich seine größere Stärke im Vergleich zur Technik, wobei ich, wie gesagt, glaube, die Grenzen seiner technischen Möglichkeiten noch nicht gehört zu haben.
    Was mich allerdings wundert, ist, dass er live doch einige Soli verhaut. Zum Beispiel das Weisses Fleisch-Solo hat er quasi nie ohne schiefen Ton hinbekommen. Dabei sind die Rammstein-Soli, gerade im Vergleich mit anderen Bands doch sehr kurz und simpel gehalten...


    Bei Paul bin ich mir mit am unschlüssigsten, jedoch stimme ich hier wieder Bane zu: Er hat sein Leben lang Gitarre gespielt und kann wahrscheinlich auch ziemlich gut spielen. Zumindest kann er mehr, als er zeigen muss.


    Schneider hat mich vor allem auf dem LIFAD Album überrascht mit ziemlich technisch versiertem Drumming. Hätte ich ihm so gar nicht zugetraut. Auch auf der LIFAD- un der MiG Tour war sein Drumming spitze.
    Zuletzt hat er meiner Meinung nach live etwas abgebaut, das ist jedoch einfach eine Formsache und hat nicht direkt etwas mit den technischen Möglichkeiten insgesamt zu tun. Er hat auch mal in einem Interview gesagt, dass er sich diesen stumpfen Stil erst angewöhnen musste, nachdem die anderen Mitglieder ihn dazu aufgefordert hatten, da es besser zur Musik passe. Hatte zuvor also wohl auch technisch versierter gespielt.


    Till singt, denke ich, das, was er kann. Das hört sich zum Beispiel in der Album-Version von Ohne dich auch gut und voluminös an. Allerdings hat er ja selbst im LIFAD Making of gesagt, dass er sich selbst mehr als Entertainer denn als Sänger sieht. Da gibt es sicherlich technisch bessere als ihn, jedoch keinen, der besser zur Band passt. Ist ein bisschen so, wie mit Lars Ulrich und Metallica :))


    @castor: sehr interessante und fundierte antwort :hi:

  • Ich stimme allerdings Bane zu, dass wohl mit am meisten Potenzial Richard hat. Der lebt für die Musik. Ich hab nur selbst bei Emigrate das Gefühl, dass er sich noch nicht ganz von der Leine gelassen hat. Würde mich mal interessieren, zu was er wirklich technisch im Stande wäre... Muss natürlich auch zum Song passen. Der Industrial-Bereich ist für die ganz große Virtuosität an der Gitarre natürlich nicht so prädestiniert...
    Ich sehe bei ihm jedoch eine immense Kreativität beim Komponieren, die er selbst ja schon immer anspricht. Das ist wahrscheinlich seine größere Stärke im Vergleich zur Technik, wobei ich, wie gesagt, glaube, die Grenzen seiner technischen Möglichkeiten noch nicht gehört zu haben.
    Was mich allerdings wundert, ist, dass er live doch einige Soli verhaut. Zum Beispiel das Weisses Fleisch-Solo hat er quasi nie ohne schiefen Ton hinbekommen. Dabei sind die Rammstein-Soli, gerade im Vergleich mit anderen Bands doch sehr kurz und simpel gehalten...

    Zitat Schneider zur Bandkrise 2001: "Da dachte einer, er wäre die Band..." - gemeint war ziemlich sicher Richard, der wohl einfach am Überschäumen mit Ideen war, denn er hat wohl auch so ziemlich das ganze MUTTER-Album im Alleingang komponiert, wenn ich das richtig mitgekriegt habe. Sehr interessant auch in dem Zusammenspiel seine tiefe Liebe / Faszination zu Amerika, wo ja alles sehr auf Show und Affekt ausgelegt ist. Ich denke, Richard ist ein Showman, durch und durch. Man kann von seiner affektierten Bühnenpräsenz halten was man will, der LEBT Musik und die Bühne. Ich bezweifel, dass er uns jemals mit einer klassischen Komposition beglücken wird, aber er hat dennoch ein hervorragendes Gespür für das Zusammenspiel von Klang und Wirkung, und ist der Großmeister dieser schweren Dampfwalzkompositionen, aber auch zu melodischen Dingern wie MUTTER fähig. Wer bei Kompositionen wie "SONNE" oder "MUTTER" nicht erkennt, dass da einer hochgradig Gefühl und Verständnis für die Musik hat, dem kann man auch nicht mehr helfen.

  • naja, Richard war auch der, der gesagt hat, es gehe auch nur Musik ohne den ganzen Kram mit Feuer und so.


    er liebt den Applaus, aber so richtig gehe ich nicht mit der Behauptung mit, er sei wegen seiner Faszination zu den USA auch gleich ein Showman. zudem dachte ich sogar, er lebe gar nicht mehr in Amerika, sondern nur noch in Berlin. mag also sein, dass er eine Zeitlang davon geprägt war, mir scheint er jedoch davon "geheilt" zu sein, im Kern bleibt daher eher übrig, dass er einfach gar nichts anderes (mehr) kann, als Musiker zu sein. für ihn ist nicht nur Arbeit, sondern etwas, dass ihn sein ganzes Leben begleitet.
    da er ja auch Mal über Depressionen gesprochen hat, wird er die exzessive Beschäftigung damit auch brauchen um den Geist sauber zu halten.


    ich denke, die anderen sind besser in der Lage auch einfach mal nur Urlaub zu machen.


    Trink das Schwarz in tiefen Zügen :kaffee:

  • Zitat Schneider zur Bandkrise 2001: "Da dachte einer, er wäre die Band..." - gemeint war ziemlich sicher Richard, der wohl einfach am Überschäumen mit Ideen war, denn er hat wohl auch so ziemlich das ganze MUTTER-Album im Alleingang komponiert, wenn ich das richtig mitgekriegt habe. Sehr interessant auch in dem Zusammenspiel seine tiefe Liebe / Faszination zu Amerika, wo ja alles sehr auf Show und Affekt ausgelegt ist. Ich denke, Richard ist ein Showman, durch und durch. Man kann von seiner affektierten Bühnenpräsenz halten was man will, der LEBT Musik und die Bühne. Ich bezweifel, dass er uns jemals mit einer klassischen Komposition beglücken wird, aber er hat dennoch ein hervorragendes Gespür für das Zusammenspiel von Klang und Wirkung, und ist der Großmeister dieser schweren Dampfwalzkompositionen, aber auch zu melodischen Dingern wie MUTTER fähig. Wer bei Kompositionen wie "SONNE" oder "MUTTER" nicht erkennt, dass da einer hochgradig Gefühl und Verständnis für die Musik hat, dem kann man auch nicht mehr helfen.


    Ich denke auch, dass Mutter rein musikalisch technisch gesehen eines der besten Alben von Rammstein ist, was Richards vermutetes Potenzial bestärken würde. Er ist ja auch derjenige, der sich oft in Interviews beschwert, dass bei Rammstein live keine Improvisation möglich sei, da sie sich selbst eben ein ziemlich enges, dafür aber überaus erfolgreiches Korsett geschnürt hätten, zuletzt im Paris- Making of. Ich hab auch noch ein Rolling Stone- Interview von 2009 im Kopf, wo Richard meinte, er würde manchmal gerne in einer AC/DC- Tribute-Band spielen.
    In solchen Momenten spricht aus ihm wohl der Wille, auch mal etwas technisch herausfordernderes und abwechslungsreicheres zu spielen. Andererseits sagt er im Pussy-Making of, dass er das Gefühl hatte, dass sich Rammstein vor LIFAD seiner Meinung nach zu weit von den Wurzeln entfernt hatten und sich wieder mehr dahin bewegen sollten. Klingt etwas ambivalent, da ja gerade die Wurzeln eher 4/4 Takt und stumpfes Riffing beinhalteten.
    Hat er nicht auch eine "Ausbildung" in Jazz-Gitarre? Wie technisch das ist, entzieht sich allerdings meiner Kenntnis... :kopfkratz:

  • ich kenne den herrn nicht, noch möchte ich ihn kennenlernen, noch wird sich das je ergeben etc. bin auch daher nicht so vollends drin in den biographien, dass ich nun wüsste wer grad wo wohnt, oder wer was genau gelernt hat.
    tatsache ist eben, dass von denen so ziemlich jeder "sein" instrument sehr sehr gut beherrschen kann und wird, im engen rammsteinrahmen auch jeder für sich auf seine weise frustriert sein wird, dass man nicht kann, wie man möchte.
    es kommt sicher auch noch der fakt hinzu, dass man als person "zu groß" für kleinere nebenprojekte ist, die tatsächlich ausgelebt werden. wenn richard sich tatsächlich aus jux und freude in einer kleinen berliner AC/DC coverband einmal im monat in einem club ausleben würde, wäre dieser club bald abgerissen, weil jeder rammsteinfan sein richardchen beklatschen will. klar kann ers probieren, aber....so künstler haben oft nur noch die wahl, mit anderen großen musikern dann supergroups zu starten etc um sich auszuleben. aber kleine nette seitenprojekte? nur ganz privat, ohne öffentlichkeit, zur eigenen erbauung.

  • Ich finde Till ist vor allem für sein Alter ein noch richtig guter Sänger. Richard halte ich wie oben schon mehrfach ausgeführt für sehr talentiert. Flake kann ich schwer beurteilen. Allerdings haben mir Olli, Paul und Christoph bei der 2016 Tour durch Anfangs sowas von unsauberes, ja fast schon dilettantes Spielen bewiesen, dass sie auch nur durch viel Übung und vor allem Routine zu ausreichenden Live-Musikern werden... :kopfkratz:

  • Ich bin nur eine mittelmäßige Musikerin, trotzdem ist es immer leichter zu sagen "oh da hat sich einer verspielt" als immer die Finger an der richtigen Stelle zu haben und wenn man sich einmal vergreift, wird es meistens auch immer noch mal schlimmer. Selbst professionellen Musikern kann das passieren.


    Ich bewundere immer Leute, die stundenlang Solokonzerte nur an Klavier oder Geige darbieten. Es ist fast unmenschlich so makellos abzuliefern.


    Trink das Schwarz in tiefen Zügen :kaffee:

  • und nun stelle man sich das mal unter geknalle, geblitze und feuerfontänen vor. mit einem knallharten masterclick im ohr im wissen dass jede sekunde sitzen muss und man nicht einfach mal mittendrin wegen eines aussetzers aufhören, lachen und weitermachen kann.


    Ich denke das sollte den Jungs nach über 20 Jahren in denen sie das machen keine Schwierigkeit machen. Gerade die 5 Effektchen bei der 2016 Tour sollten nicht allzu schwer zu verkraften sein. ;)
    Zudem hat sich diese Meinung eher durch Lieder wie Reise Reise und vorallem den fucking Anfang von Hallelujah entwickelt....
    Ich mein Leute... 4 Vorschläge vom Klick, dann 2 von Christoph und DÄDÄDÄ . . . DÄDÄDÄ . . . DÄDÄDÄ....
    Ist das so schwer hinzukriegen ohne irgendwelche nervigen Störgeräusche in jeder Pause oder ohne komplett rauszukommen...?

  • ist ihr Job klar. aber wenn du das jeden Abend machst, kannst du auch mal unkonzentriert sein. schaust kurz ins Publikum, befasst dich geistig mit einem der Zuschauer und verpasst den Einsatz. ich stelle mir das sehr menschlich vor.
    deswegen ist es ja live. selbst Sänger vergessen ja manchmal den Text. darüber kann ich mich mehr wundern, die singen ja vieles oft genug.


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    Einmal editiert, zuletzt von Diaboula ()

  • 09.07.2016 Waldbühne, Berlin
    Da haben die komplett den Anfang von "Halleluja" verkackt. Kann man auf YouTube sehen, darf man ja leider nicht verlinken. Schafft ihr aber schon.

    RAMMSTEIN

    05.12.2011 • 09.07.2016 • 24.05.2019 • 27.05.2019 • 10.07.2019 • 15.05.2022 • 16.05.2022 • 18.06.2022

    19.06.2022 • 03.08.2022 • 04.08.2022 • 10.06.2023 • 07.07.2023 • 15.07.2023 • 16.07.2023 • 18.07.2023


    LINDEMANN

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    FLAKE

    11.02.2023

  • Haha ohje, da ist ja wirklich einiges schief gegangen :sabber: fast 1 Minuten gebraucht, um Gesang, Gitarren, Schlagzeug und Licht unter einen Hut zu bringen...
    kenne zwar die Waldbühne-Konzerte grundsätzlich durch diverse Youtube-Videos, aber diese Version war mir noch nicht bekannt.


    Aber naja. Das ist live, und das sind Menschen...


    Wenn ich mal daran denke, wie oft sie in ihren Interviews mal was fallen lassen zum Thema Einsatz verpassen, falsche Gitarre um den Hals haben, falsche Reihenfolge bei den Liedern im Konzert, Pyroeffekte, die "klemmen" bleiben oder andere diverse kleine Pannen, könnte man fast meinen, dass bei JEDEM Konzert irgendwas schief läuft :D Die Live-DVDs sind natürlich immer Perfektion, da sitzt jeder Schritt, jedes Riff, jede Fontäne. Das gibt dann irgendwie auch ein falsches Bild ab, denn JEDER verhaut sich mal oder verpennt seinen Einsatz. Das macht doch eigentlich wiederum sympathisch und solange es nicht wirklich ständig passiert, ist doch alles gut.


    Mit ihrer Qualität als Musiker hat das denke ich eher weniger zu tun, mehr mit "aus der Übung sein" oder "unkonzentriert" sein, wie hier ja schon einige Male erwähnt wurde. :D

  • Die Frage ist eben wie relevant es ist, ob man ein technisch guter Musiker ist für die Frage, ob man allgemein ein guter Musiker ist.. Es gibt viele, die technisch gesehen ihre Instrumente perfekt beherrschen aber nie erfolgreich in einer Band spielen.. bei YT beispielsweise gibt es Leute wie Jared Dines oder Steve T (muss gleich noch mal schauen wie sie sich schreiben ^^), die virtuos an der Gitarre sind aber vielleicht nicht gut komponieren können oder zu viel Ego für eine Band haben oder weiß der Geier. Ich denke niemand würde bestreiten, dass die bekanntesten Bands nicht unbedingt eine Sammlung der besten Musiker auf der Welt sind.. das ist eben der Unterschied zum Sport.
    Wenn du am schnellsten läufst bist du Weltmeister.. aber beim musikalischen Erfolg geht's um Kreativität und Einsatzbereitschaft (zumindest in dem von den meisten hier favorisiertem Genre) und auch um Glück und die richtigen Leute zur richtigen Zeit kennen lernen. Es gibt zich Faktoren, die dafür sorgen können, dass eine Band nicht groß wird und zu wenig technisches Vermögen gehört höchst selten dazu..
    Mir ist es auch wichtig echte Bands zu hören, die sich gebildet haben aus Freunden oder zumindest Bekannten, die zusammen ihren Weg (und ihren Stil und ihre Texte) gefunden haben.. DAS ist auch ein Faktor der diese Musik von dem Popmist abgrenzt wo Profi A sich einen Text ausdenkt und den von Profis einspielen lässt und dann ne Dummbratze drüber trällern lässt und das mit Autotune zur Perfektion bringt.. bei jeder Tour dann ne andere Auftragsband im Hintergrund - fertig.

  • @ LindemannPoems: Du hast natürlich vollkommen recht. Noch wichtiger als das technische Vermögen ist die Kreativität bei der Komposition. Da sind die Steine vor allem wenn es um Aspekte wie die Eingängigkeit von Melodien oder beispielsweise um möglichst groovige Rythmen geht, sehr gut. Wie Castor bereits zuvor gesagt hat, macht es Sinn, die Frage nach dem musikalischen Vermögen Rammsteins zu unterteilen in zwei Aspekte: Das technische Vermögen an den jeweiligen Instrumenten auf der einen und das musikalische Vermögen insgesamt (also vor allem kompositorisch/musiktheoretisch) auf der anderen Seite.
    Ich denke, wir sind uns alle einig, dass der Hauptgrund, warum man Rammstein hört, nicht die Technik der Mitglieder an ihren jeweiligen Instrumenten ist (natürlich auch genrebedingt), sondern weil es, auch wenn es doof klingt, einfach gute Musik ist, sie gut komponiert ist und nach dem gefühlt tausendsten Mal hören, immer noch ihren Reiz behält. Und da ist es, wie LindemannPoems schon richtig angeführt hat, nicht vonnöten, dass jeder Musiker möglichst virtuos aufspielt, damit am Ende eine gute Komposition dabei herauskommt.
    Eigentlich sollte es in diesem Thread zwar mehr um die erste Frage, eben nach den technischen Möglichkeiten der Mitglieder am jeweiligen Instrument gehen, aber es ist meiner Meinung nach auch sehr interessant, ebenfalls über die kompositorischen Skills der Steine zu diskutieren.

  • Da von denen, soweit ich weiß, keiner Tonsatz/Komposition studiert hat, und sie im Herzen halt alte Punks sind, werden sie nach Gehör und improvisiert komponieren. Bei Richard stelle ich es mir sehr gut vor, dass der beim Schrammeln auf einmal ein rhythmisches Muster erkennt und schon steht ein Riff. Das merkt er sich dann und legt es solange "ad acta", bis es mal zu einem entstehenden Lied passt. Das hat man ja bei PUSSY / SCHENK MIR WAS / WAS ICH LIEBE gemerkt, wie da die Melodien zwischen den Texten gewechselt wurden und kleine Improvisationen dazukamen. Bin mir sicher, musikalisch entsteht das meiste nicht durch "Das habe ich so und so komponiert", sondern im Studio beim Probieren. Was ich persönlich viel schöner find, als vorkomponiert.