• Rein musikalisch betrachtet gefällt mir der Song und er bringt mit dem Gitarrenspiel schon so einen Westernflair auf, zumindest bei mir. Textuell und thematisch gesehen jedoch ist der Song für mich eine Katastrophe. Natürlich handeln viele R+ Songs über Sex in allen Farben und Formen, aber das ist mir hier dann doch deutlich zu platt. Schade, da hätte mehr daraus werden können.

  • Und nach Bück Dich, Rein Raus, Pussy et al. hätte man meinen können, das sei nun auch mal genug der platten Eindeutigkeit.

    Till ist auch nach 25 Jahren mit der Band, ganz zu schweigen nach 56 Jahren immer nur er selbst. Und neben seiner sprachlichen sensiblen Feinfühligkeit ist er nun mal ein recht derber Typ Landbursche, für den das Ficken ein vorrangiger Lebensinhalt zu sein scheint. Wovon das Herz voll ist, davon geht der Mund über.

  • Ich werfe mal in den Raum, dass es hier vielleicht um jemanden geht, der sexsüchtig ist und auch für seinen Geschmack "abstoßende" Damen in Kauf nimmt, um seiner Lust nachzugehen. Diese zweimalige Betonung auf "Ich seh dich an und mir wird/ist schlecht" würde ich zumindest darauf leiten.

    Schön, dass du es schreibst, das würde ich nämlich so unterschreiben.

    Generell verstehe ich nicht warum der Songtext so negativ wahrgenommen wird, ich finde ihn nämlich ganz interessant, da er bewusst recht offen formuliert ist und sich deswegen recht vielseitig ausgelegt werden kann, ganz Rammsteintypisch eben.

    Ich würde sogar einen Schritt weiter gehen. Der Song handelt nicht zwangsläufig nur über physischen Sex (auch wenn dieser auch Inhalt ist), sondern vielmehr über eine generelle Sexualisierung des Alltags und ganz konkret über die Sexsucht der Menschen.

    Z. B. lässt sich der Text auch ganz wunderbar als Beschreibung einer Pornosucht lesen. Es ist die Offenheit vieler Textzeilen, die die eigentliche Stärke des Textes beherbergen, am Ende ist nämlich egal ob virtuell oder körperlich, die krankhafte Sexualisierung und Sucht nach Sex ist nämlich das eigentliche Thema des Liedes.:



    "Ich seh dich an und mir wird schlecht. Überall das dralle Fleisch"


    Wer sich mit dem Thema Pornosucht beschäftigt, weiß vielleicht, dass irgendwann nur noch aus Routine onaniert wird. Der eigentliche Libido nimmt zunehmend ab und wird immer weiter heruntergerubbelt. "Normale" Sexuelle Inhalte verlieren zunehmend an Reiz, sodass neue Extreme gesucht werden. Am Ende konsumieren Betroffene häufig sexuellen Inhalten, die sie eigentlich nicht präferieren z.B. Schwulenpornos bei Heterosexuellen oder eben Pornos mit, ich nenne es mal sehr fülligen Frauen :D. Es ist eine Mischung aus Abscheu und der Suche nach immer neuen Kicks.


    "Ich schau dir tief in das Geschlecht"


    Ich denke jeder kennt das von Pornos, Nahaufnahmen der Geschlechter, da wird die Kamera fast schon reingehalten bzw. bei manchen Filmchen ist das tatsächlich der Fall. ;)


    "Und die Knie werden weich. Tausend Nadeln das Verlangen. Will Geruch mit Händen fangen

    Beißt das Hirn, kriecht in die Venen. Und es singen die Sirenen"


    Hier wird die Sucht nach Sex thematisiert. Das Hirn tritt in den Hintergrund, die Triebe übernehmen die Führung. Der Trieb ist so stark, wie tausende Nadeln (Ich denke die Anspielung auf Drogen ist hier bewusst so gewählt), er lenkt den Körper. Wird dem Verlangen nicht nachgegeben, treten Entzugserscheinungen auf.


    "Eine Faust in meinem Bauch"


    Die Faust als Metapher für besagte Entzugserscheinungen. Die Zeile lässt aber Interpretationsspielraum: Z.b. auf physischer Ebene z.b. für die sexuelle Praktik des Fistens oder eben auf die Pornosucht bezogen als Faust am Bauch, eben die Pose wenn die Hand zu einer Faust geformt wird, wie es beim onanieren der Fall ist.


    "Komm her. Du willst es doch auch. Sex"


    Der Refrain deutet darauf hin, dass nicht zwangsweise zwei Personen im selben Raum hier sind. Vielmehr kann man das Ganze so lesen, dass sich vom lyrischen ich gewünscht wird, eine Person zum Sex würde doch bitte herbeikommen. . "komm her", "Komm zu mir" 2x . (vielleicht die Person aus dem Porno?)


    "Besser liederlich als wieder nicht ."


    liederlich: Der Fokus liegt also nicht mehr auf einer Person bzw. auf einem Beuteschema. Nein, es geht einfach nur darum zu Kommen, alle Mittel sind dafür recht und es wird alles genommen bzw. angeschaut was gerade in Reichweite ist. Eigene Präferenzen, das Schöne, Gefühlvolle am Sex etc. tritt in den Hintergrund Hauptsache das Verlangen wird befriedigt.


    "Komm zu mir. Meins ist deins und das in dir. Sex. Komm zu mir"


    Hier aufs Neue der Wunsch ein Sexualpartner würde doch bitte in Natura vorbeikommen wiederholt. Auch interessant "Meins ist deins und das in dir". Bei Pornos generell und ganz explizit bei Pov Pornos wird in die Rolle eines Fremden während des Aktes geschlüpft. Somit ist eine Person, welche ein Sexfilmchen konsumiert, mehr oder weniger indirekt am Sex im Video beteiligt. So verschmilzt der Pornokosument mit den Akteuren im Porno, einmal durch das hineinversetzten in die Rolle des Aufreißers und eben durch das Eindringen in die Frau.


    "Wir leben nur einmal. Wir lieben das Leben"


    und dann am Ende des Songs


    "Wir leben nur einmal. Wir lieben das Leben. Wir lieben die Liebe

    Wir leben weil...Sex"


    Die Reduzierung des gesamten Lebensinhaltes allein auf den Liebesakt. Bei einer Sex/Pornosucht findet genau das statt. Haufenweise Lebenszeit wird eben in genau diese Triebbefriedigung gelegt. Weiterhin kann das ganze als Kommentar zu einer umfassend sexualliesierten Gesellschaft/ Medienlandschaft gesehen werden. Das "Sex" wird einmal fast schon roboterartig hohl nur noch gestöhnt.


    Ich finde eine Parallele ist auch ganz Interessant, aber das ist vielleicht zu weit hergeholt: Es gibt das bekannte Karnevalslied Viva Colonia. Da heißt es "Wir lieben das Leben, die Liebe und die Lust". Da sind gewisse Ähnlichkeiten zu Rammsteins Songtext "Wir lieben das Leben, wir lieben die Liebe weil Sex". Thematisch würde es auch passen, wer mal beim Karneval in Köln dabei war, weis wovon ich rede.:D


    "Ich seh dich an und mir ist schlecht...Ich schau dir tiefer ins Geschlecht"


    In der zweiten Strophe wird der Text nochmal wiederholt, wenngleich teils etwas extremer (tief --> tiefer).

    Sex nur noch als Sucht als sklavisches Verlangen. Freunde ist wie schon beschrieben nicht mehr vorhanden.


    "Häute fallen auf die Haut... Ein Verlangen unterm Bauch"


    Es wird von Häuten geredet, nicht zwangsweise von der eigenen Haut. Der ganze Pornokonsum/ Sexkonsum verschwimmt zu einer Masse. Wer es mit wem tut und was generell die Inhalte angeht, welche konsumiert werden, ist nicht weiter von belang. Wichtig ist, dass es getan wird. Das Verlangen unter dem Buch will befriedigt werden, diesem wird alle Zeit und Mühe gewidmet.


    "Wir leben .... Sex"


    Am Ende nochmal die Zusammenfassung. Wir leben, weil Sex. Die Gesellschaft, die Medien und der Alltag alles wird zunehmend sexualisierter, an jeder Ecke Sex. Am Ende ist es dieser Urtrieb dem nur noch nachgegangen wird und kann nicht im Leben alles darauf runtergebrochen werden?

  • Des is etzala aus der Bibel. Jetzt dürft ihr euch alle fragen, ob ich nebenher noch zum Fundamentalisten mutiert bin mittlerweile....:heiliger::zufrieden:

    Ich glaube, der Ausspruch ist von Luther geprägt worden und könnte auch einfach als Allgemeinbildung gelten. Aber schön, wenn man auf die Weise andere beeindruckt. Die Landburschendarstellung sollte aber mehr in die Köpfe sickern, denn das trifft es gut und man müsste nicht immer wieder fragen, weshalb Sex schon wieder ein Thema ist.


    Trink das Schwarz in tiefen Zügen :kaffee:

  • Das Thema Sex gehörte doch von Tag 1 zu Rammstein und ob man das jetzt gut findet oder nicht ist das eine Thema jedoch gibt es bei den meisten Textern immer ein Thema was immer wieder aufgegriffen wird. Für manche ist es Tod, für manche Drogen und für Till eben Sex. Sich dadrüber aufzuregen ist irgendwie als würde man z. B. bei Tarantino sagen "Da kommt immer Gewalt drin vor". So whats the problem? :zufrieden::zufrieden:

  • Schön, dass du es schreibst, das würde ich nämlich so unterschreiben.

    Generell verstehe ich nicht warum der Songtext so negativ wahrgenommen wird, ich finde ihn nämlich ganz interessant, da er bewusst recht offen formuliert ist und sich deswegen recht vielseitig ausgelegt werden kann, ganz Rammsteintypisch eben.

    Ich würde sogar einen Schritt weiter gehen. Der Song handelt nicht zwangsläufig nur über physischen Sex (auch wenn dieser auch Inhalt ist), sondern vielmehr über eine generelle Sexualisierung des Alltags und ganz konkret über die Sexsucht der Menschen.

    Z. B. lässt sich der Text auch ganz wunderbar als Beschreibung einer Pornosucht lesen. Es ist die Offenheit vieler Textzeilen, die die eigentliche Stärke des Textes beherbergen, am Ende ist nämlich egal ob virtuell oder körperlich, die krankhafte Sexualisierung und Sucht nach Sex ist nämlich das eigentliche Thema des Liedes.:

    Danke für die Blumen, aber ich sage CHAPEAU für diese Analyse (hoppla, da ist ja anal drin... ;-) ). Kann ich ebenso unterschreiben. So wie du es beschreibst, so würde ich das Lied ebenso interpretieren! Danke für die Ausarbeitung!

  • Des is etzala aus der Bibel.

    Weiß ich doch als alter Pastorenliebling... Ich fand es in dem Zusammenhang trotzdem hübsch, zumal ich es seit einigen Jahren schon nicht mehr gelesen habe :]

  • mir ist gerade aufgefallen, dass der text nicht „lieber widerlich als wieder nicht“ lautet, sondern „lieber liederlich als wieder nicht“

    Lustig, das ist auch das erste was ich gehört habe. Fand das irgendwie noch witzig. So nach dem Motto: Augen zu und durch :-)

    Ich sings jetzt trotzdem noch mit wiederlich...hehe

  • "Wir leben nur einmal

    Wir lieben das Leben

    Wir lieben die Liebe

    Wir leben"

    Es scheint mir, dass der Rhythmus nach der Zeile "Wir leben" abbricht, deswegen habe ich den Eindruck gewonnen, dass es noch an Wörtern danach fehlt.

    There's no time to discriminate

    Hate every motherfucker that's in your way

  • Hat eig schon mal die Verbindung zu den Höhner gezogen?

    "Wir lieben das Leben, die Liebe und die Lust" *da simma dabei* aus: Viva colonia :]


    Für die Leute, die sagen, dass sie nicht verstehen, was an dem Lied platt ist, schließlich ginge es immer um Sex. Hier die Kritik einmal anschaulich erklärt:

    Es gibt Sex, der hat Facetten und macht Spaß und es gibt Sex, der nur ein gezieltes Geschrubbel ist und womöglich zum Ziel führt, aber keine Kunst erkennen lässt. Kleiner Unterschied.

    Ergo: Über Sex singen ist eher gut, ein Lied zu machen, in dem "Sex" direkt gerufen wird eher schlecht.


    Zwar ist das Lied für mich immer noch das, was man überwinden muss, um "Puppe" zu hören, aber musikalisch macht es mittlerweile Spaß.


    Trink das Schwarz in tiefen Zügen :kaffee:

  • Ich sehe die Parallele auch!

    In meinem vorherigen Post hier hatte ich es auch schonmal erwähnt, ich denke der Verweis zum Karneval soll vielleicht einfach nochmal die Sexualisierung der Gesellschaft unterstreichen. Spätestens zum Abend hin, machts da eigentlich jeder mit jedem :D

  • Ich sehe die Parallele auch!

    In meinem vorherigen Post hier hatte ich es auch schonmal erwähnt, ich denke der Verweis zum Karneval soll vielleicht einfach nochmal die Sexualisierung der Gesellschaft unterstreichen. Spätestens zum Abend hin, machts da eigentlich jeder mit jedem :D

    Da ich kein Karnevalsmensch bin, würde mir das nicht einfallen. Weiß auch nicht, ob Till damit Erfahrungen hat. Aber prinzipiell erkenne ich jetzt, was du meinst.

    Habe mir vorher keine Gedanken gemacht, ob das Lied wirklich iwas mitteilen will, daher kann ich mit dem Ansatz leben.


    Trink das Schwarz in tiefen Zügen :kaffee:

  • Da ich kein Karnevalsmensch bin, würde mir das nicht einfallen. Weiß auch nicht, ob Till damit Erfahrungen hat. Aber prinzipiell erkenne ich jetzt, was du meinst.

    Habe mir vorher keine Gedanken gemacht, ob das Lied wirklich iwas mitteilen will, daher kann ich mit dem Ansatz leben.

    Vom Sinn her würde es aufjedenfall passen und die Betonung, Pausen und Wortwahl erinnert schon recht stark an Viva Colonia. Kritisch muss man sich natürlich fragen, inwiefern Till sich als Ostberliner mit Karneval auskennt. Soweit ich weis, gibts den Brauch ja da nicht. Aber andererseits werden die Jungs mittlerweile wohl auch schon gut rum gekommen sein.

    Zu 100% werden wir es wohl nie wissen, aber schön dass man auch hier wieder so viel Interpretationsspielraum hat ;)