Ausführliche Interpretation von Rammsteintexten (Sammlung)

  • Hey Leute ;),


    ich finde ja Till ist einer der besten Poeten unserer Zeit.


    Beschäftigt man sich mit den Rammsteintexten näher, fallen einem zunehmend mehr Details auf. Da die Texte gewisse Doppeldeutigkeiten offenbaren und es nicht die eine"richtige Interpretation " gibt, finden sich im Internet zahlreiche Interpretationen, die mal mehr mal weniger genau einen von Tills Texten deuten.

    Gerade die teils sehr umfassenden, genauen und spannenden Analysen zu diesen Liedern finde ich sehr spannend und würdigen Tills Arbeit in ganz besonderer Form.

    Leider sind diese meist sehr versteckt und man muss sich durch zahlreiche Seiten wühlen bis man mal so einen Fund macht.


    Ich fände es toll wenn wir in diesem Thread mal ausführliche und genaue Interpretationen zu den Rammsteinliedern sammeln könnten, damit diese in irgendeiner Form gesammelt und archiviert werden könnten. Vielleicht gibt es auch einige Personen, die selbst mal ein Rammsteinsong genauer analysiert haben und bzw. Lust haben entsprechendes zu machen und das hier reinschreiben wollen :) ! Es gibt dabei wie gesagt kein richtig oder falsch, der Text sollte aber schon eine gewisse Länge vorweisen und am besten mehr in die Details gehen (Zu schreiben in Mein Teil geht es um einen Kannibalen reicht also nicht ;))

    Sollten Fremdbeiträge genannt werden, bitte nichts klauen und die Quelle verlinken :thumbup:


    Um den Anfang zu machen, werde ich hier mal zwei Interpretationen von mir, aus anderen Threads einfügen. Da es hier um eine Sammlung geht, bitte ich primär um Interpretationen und keine ausufernden Diskussionen


    Ich freue mich auf eure Interpretationen! Auf geht´s! ^^

  • Interpretation zu Rosenrot


    Das gesamte Album war zwar etwas Mau, der gleichnamige Song ist bis heute aber eines meiner absoluten Lieblingslieder der Jungs und das liegt insbesondere an den Lyrics.

    Der Text ist genial, weil er einerseits Spielraum für Interpretationen offen lässt, aber dennoch nicht zu vage bleibt wie andere Rammsteinlieder (z.B. Alter Mann, Reise, Reise, Ohne Dich) sodass er genug Futter liefert, aber sich dabei gut deuten lässt. Auch ist der Song sprachlich sehr ansprechend gestaltet und weist zur deutschen Literatur einige Bezüge auf.

    Alles in Allem also ein sehr gelungener Liedtext, der zusammen mit einem sehr passenden Musikvideo und dem sehr eingängigen Sound seine Vollendung findet.

    Und naja weil ich den Song so feiere, schreib ich hier mal meine (etwas längere) Interpretation, um dieses Meisterwerk angemessen zu würdigen ^^:


    Um den Song richtig zu verstehen, sollte man zu allererst das Goetheoriginal kennen:


    Sah ein Knab’ ein Röslein stehn - Sah ein Mädchen ein Röslein stehen
    Röslein auf der Heiden, - Blühte dort in lichten Höhen

    War so jung und morgenschön - So Sprach sie ihren Liebsten an

    Lief er schnell es nah zu sehn - Ob er es ihr steigen kann

    Sah’s mit vielen Freuden.

    Knabe sprach: ich breche dich, - Der Jüngling steigt den Berg mit Qual
    Röslein auf der Heiden! - Die Aussicht ist ihm sehr egal

    Röslein sprach: ich steche dich, - Hat das Röslein nur im Sinn

    Daß du ewig denkst an mich, - Bringt es seiner Liebsten hin



    .Und der wilde Knabe brach’s Röslein auf der Heiden; - An seinen Stiefeln bricht ein Stein

    Röslein wehrte sich und stach, - Will nicht mehr am Felsen sein

    Half ihm doch kein Weh und Ach, - Und ein Schrei tut jedem kund

    Mußt’ es eben leiden. - Beide fallen in den Grund


    Zum Originaltext sei erwähnt, dass Goethe das Gedicht selbst in Anlehnung an ein Gedicht von Herder verfasst hat. Goethes Gedicht weißt allein vom drei Strophen- Aufbau und gewissen Versen deutliche Paralleln zum Rammstein Text auf. Auch vom Spannungsbogen her ähnelt sich das Ganze. Die erste Strophe ist euphorisch, dann in der 2. ist der Kontext konflikt bzw. spannungsgeladen und in der 3. Strophe eskaliert die Handlung schließlich und endet in einer Tragödie.

    Inhaltlich ist man sich bei der Interpretationen des Goethetextes nicht ganz einig:

    Ältere Analysen gehen davon aus, dass der Inhalt eine Vergewaltigung schlidert: Ein Junge sieht ein Röslein, dass er haben will (Das Röslein steht für ein Mädchen). Diese erwidert die Annäherung nicht und droht damit sich zu wehren falls er sie anfasst. Das tut er aber dennoch und nimmt den Stich in Kauf.

    Neuere Deutungen beziehen Goethes Privatleben in das Gedicht mit ein und kommen zu einem anderen Schluss. Demnach geht es im Text, um eine nicht legitimierte Liebe. Trotz aller Warnungen lassen sich die Liebenden aufeinander ein und leiden am Ende beide unter dieser Entscheidung.


    Die zweite Version ist hier die Gängigere, in beiden Fällen sollte aber klar werden, dass für die Liebe einiges in Kauf genommen wird und das Liebe häufig Schmerz bedeutet.

    Hier haben wir dann auch das Grundthema des Liedtextes von Rosenrot und sind dann auch bei Rammstein.

    Wie die Till der Liebe gegenüber eingestellt ist, weiß man ja schon aus anderen Songs (Amour, Klavier, Was ich Liebe, Ich tu dir weh...). Rosenrot reiht sich in in diese Riege tadellos mit ein.


    Im Grunde kann man den Songtext von Rosenrot nun zwei Teile splitten: 1. den Inhalt und 2. den Rahmen:


    1. Inhaltlich geht es analog zum Goethegedicht um ein Mädchen (Hier im Gegensatz zum Goethegedicht in aktiver Rolle und nicht mehr passiv), dass eine Rose will. Spannend ist, dass man die Erzählung nun metaphorisch und physich auslegen kann.

    Physich geht es eben um den Jungen, der dem Mädchen die Rose als Liebesbeweis vom Berg holen soll. Er gibt sein Bestes, rutscht aber beim Versuch in die Tiefe. "Beide fallen in den Grund" lässt dabei die Interpretation offen, dass das Mädchen am Ende auch unter diesem Schicksalsschlag zugrunde geht.

    Methaphorisch kann die das Röslein aber ebenfalls für das Weibliche Geschlechtsorgan stehen, ausführlichere Interpretationen hierzu finden sich im Thread. Auch kann man das Röslein als Methapher für die Liebe im Allgemeinen betrachten. Ein Junge ist in ein Mädchen verliebt, dieses erwiedert die Liebe aber nicht. Es will, dass der Junge sie davon überzeugt, sich in ihn zu verlieben (Er soll ihr das Röslein bringen -> also die Liebe). Dieser nimmt Mühen und Qualen auf sich, um der Frau seiner Träume zu gefallen (Hat das Röslein nur im Sinn, bringt es seiner Liebsten hin) . Am Ende kann er diese nicht erzwingen.


    Egal wie man den Inhalt also auslegt, Liebe bedeutet oft schmerzen, Anstrengungen und Selbstaufopferung und das drückt der Refrain wunderbar aus:


    "Sie will es und so ist es fein

    So war es und so wird es immer sein"



    Die Liebe verlangt Menschen Sachen ab, so war es schon immer und so wird es sein. Es liegt gewissermaßen in ihrer Natur, es ist ein zeitloses Thema.


    "Sie will es und so ist es Brauch

    Was sie will bekommt sie auch"



    Wenn sich ein Mensch verliebt, steht er unter dem Einfluss der Liebe. Dieser wirkt stark auf ihn ein, lenkt ihn und lässt ihn nicht mehr los. Häufig wird kopflos und unbedacht gehandelt, alles um die Person der Begierde irgendwie an sich zu binden. Diese Macht ist so stark, dass sie Menschen zu Sklaven macht und an sich bindet, verlangt die Liebe ein gewisses Verhalten, bekommt sie dieses auch.



    "Tiefe Brunnen muss man graben

    Wenn man klares Wasser will

    Rosenrot oh Rosenrot

    Tiefe Wasser sind nicht still"


    Hier wird es ganz eindeutig. Rosenrot steht für die Liebe. Rosenrot ist nämlich die Farbe der Liebe ist und Rosen sind ebenfalls die Blumen, welche man der Person seiner Begierde schenkt. Die Brunnen Methapher symbolisiert, dass für die Liebe gearbeitet werden muss. Häufig handeln verliebte Menschen emotional und würden alles Tun um an ihr Ziel zu gelangen. In manchen Länderen je nach Kulturkreis, werden verliebte Menschen sogar als krank diagnostiziert. Häufig wird irrational und bild gehandelt und negativ Konsequenzen dafür in Kauf genommen. Die Geschichte vom Jungen der auf den Berg steigt und dabei abstürzt passt zu diesem Kontext, auch passt das Musikvideo hierzu. Der Mönch gibt sich und seinen Glauben dabei komplett auf, nur um dem Mädachen seiner Träume zu imponieren. Für die Liebe werden also häufig schlimme und dumme Sachen getan und nicht selten opfert man sich solange auf bis es wehtut.

  • Interpretation von Sex


    Generell verstehe ich nicht warum der Songtext so negativ wahrgenommen wird, ich finde ihn nämlich ganz interessant, da er bewusst recht offen formuliert ist und sich deswegen recht vielseitig ausgelegt werden kann, ganz Rammsteintypisch eben.

    Ich würde sogar einen Schritt weiter gehen. Der Song handelt nicht zwangsläufig nur über physischen Sex (auch wenn dieser auch Inhalt ist), sondern vielmehr über eine generelle Sexualisierung des Alltags und ganz konkret über die Sexsucht der Menschen.

    Z. B. lässt sich der Text auch ganz wunderbar als Beschreibung einer Pornosucht lesen. Es ist die Offenheit vieler Textzeilen, die die eigentliche Stärke des Textes beherbergen, am Ende ist nämlich egal ob virtuell oder körperlich, die krankhafte Sexualisierung und Sucht nach Sex ist nämlich das eigentliche Thema des Liedes.:



    "Ich seh dich an und mir wird schlecht. Überall das dralle Fleisch"


    Wer sich mit dem Thema Pornosucht beschäftigt, weiß vielleicht, dass irgendwann nur noch aus Routine onaniert wird. Der eigentliche Libido nimmt zunehmend ab und wird immer weiter heruntergerubbelt. "Normale" Sexuelle Inhalte verlieren zunehmend an Reiz, sodass neue Extreme gesucht werden. Am Ende konsumieren Betroffene häufig sexuellen Inhalten, die sie eigentlich nicht präferieren z.B. Schwulenpornos bei Heterosexuellen oder eben Pornos mit, ich nenne es mal sehr fülligen Frauen :D. Es ist eine Mischung aus Abscheu und der Suche nach immer neuen Kicks.


    "Ich schau dir tief in das Geschlecht"


    Ich denke jeder kennt das von Pornos, Nahaufnahmen der Geschlechter, da wird die Kamera fast schon reingehalten bzw. bei manchen Filmchen ist das tatsächlich der Fall. ;)


    "Und die Knie werden weich. Tausend Nadeln das Verlangen. Will Geruch mit Händen fangen

    Beißt das Hirn, kriecht in die Venen. Und es singen die Sirenen"


    Hier wird die Sucht nach Sex thematisiert. Das Hirn tritt in den Hintergrund, die Triebe übernehmen die Führung. Der Trieb ist so stark, wie tausende Nadeln (Ich denke die Anspielung auf Drogen ist hier bewusst so gewählt), er lenkt den Körper. Wird dem Verlangen nicht nachgegeben, treten Entzugserscheinungen auf.


    "Eine Faust in meinem Bauch"


    Die Faust als Metapher für besagte Entzugserscheinungen. Die Zeile lässt aber Interpretationsspielraum: Z.b. auf physischer Ebene z.b. für die sexuelle Praktik des Fistens oder eben auf die Pornosucht bezogen als Faust am Bauch, eben die Pose wenn die Hand zu einer Faust geformt wird, wie es beim onanieren der Fall ist.


    "Komm her. Du willst es doch auch. Sex"


    Der Refrain deutet darauf hin, dass nicht zwangsweise zwei Personen im selben Raum hier sind. Vielmehr kann man das Ganze so lesen, dass sich vom lyrischen ich gewünscht wird, eine Person zum Sex würde doch bitte herbeikommen. . "komm her", "Komm zu mir" 2x . (vielleicht die Person aus dem Porno?)



    "Besser liederlich als wieder nicht ."


    liederlich: Der Fokus liegt also nicht mehr auf einer Person bzw. auf einem Beuteschema. Nein, es geht einfach nur darum zu Kommen, alle Mittel sind dafür recht und es wird alles genommen bzw. angeschaut was gerade in Reichweite ist. Eigene Präferenzen, das Schöne, Gefühlvolle am Sex etc. tritt in den Hintergrund Hauptsache das Verlangen wird befriedigt.



    "Komm zu mir. Meins ist deins und das in dir. Sex. Komm zu mir"


    Hier aufs Neue der Wunsch ein Sexualpartner würde doch bitte in Natura vorbeikommen wiederholt. Auch interessant "Meins ist deins und das in dir". Bei Pornos generell und ganz explizit bei Pov Pornos wird in die Rolle eines Fremden während des Aktes geschlüpft. Somit ist eine Person, welche ein Sexfilmchen konsumiert, mehr oder weniger indirekt am Sex im Video beteiligt. So verschmilzt der Pornokosument mit den Akteuren im Porno, einmal durch das hineinversetzten in die Rolle des Aufreißers und eben durch das Eindringen in die Frau.


    "Wir leben nur einmal. Wir lieben das Leben"


    und dann am Ende des Songs


    "Wir leben nur einmal. Wir lieben das Leben. Wir lieben die Liebe

    Wir leben weil...Sex"


    Die Reduzierung des gesamten Lebensinhaltes allein auf den Liebesakt. Bei einer Sex/Pornosucht findet genau das statt. Haufenweise Lebenszeit wird eben in genau diese Triebbefriedigung gelegt. Weiterhin kann das ganze als Kommentar zu einer umfassend sexualliesierten Gesellschaft/ Medienlandschaft gesehen werden. Das "Sex" wird einmal fast schon roboterartig hohl nur noch gestöhnt.


    Ich finde eine Parallele ist auch ganz Interessant, aber das ist vielleicht zu weit hergeholt: Es gibt das bekannte Karnevalslied Viva Colonia. Da heißt es "Wir lieben das Leben, die Liebe und die Lust". Da sind gewisse Ähnlichkeiten zu Rammsteins Songtext "Wir lieben das Leben, wir lieben die Liebe weil Sex". Thematisch würde es auch passen, wer mal beim Karneval in Köln dabei war, weis wovon ich rede.:D


    "Ich seh dich an und mir ist schlecht...Ich schau dir tiefer ins Geschlecht"


    In der zweiten Strophe wird der Text nochmal wiederholt, wenngleich teils etwas extremer (tief --> tiefer).

    Sex nur noch als Sucht als sklavisches Verlangen. Freunde ist wie schon beschrieben nicht mehr vorhanden.



    "Häute fallen auf die Haut... Ein Verlangen unterm Bauch"


    Es wird von Häuten geredet, nicht zwangsweise von der eigenen Haut. Der ganze Pornokonsum/ Sexkonsum verschwimmt zu einer Masse. Wer es mit wem tut und was generell die Inhalte angeht, welche konsumiert werden, ist nicht weiter von belang. Wichtig ist, dass es getan wird. Das Verlangen unter dem Buch will befriedigt werden, diesem wird alle Zeit und Mühe gewidmet.


    "Wir leben weil.... Sex"


    Am Ende nochmal die Zusammenfassung. Wir leben, weil Sex. Die Gesellschaft, die Medien und der Alltag alles wird zunehmend sexualisierter, an jeder Ecke Sex. Am Ende ist es dieser Urtrieb dem nur noch nachgegangen wird und kann nicht im Leben alles darauf runtergebrochen werden?


    Das Thema des Textes ist also "Sex an jeder Ecke" also eine generell sexualisierte Gesellschaft. Dies wird gerade zum Ende des Liedes hin sehr deutlich, wo der Text eigentlich nur noch aus der Wiederholung von Sex, Sex, Sex, Sex, Sex .... besteht, mit dem Abschließenden "Wir leben weil Sex". Wie sehr der Sex in der Gesellschaft im Mittelpunkt steht, will uns Lied auch durch seinen Volksmusik ähnlichen Refrain verdeutlichen (+Parallelen zum Karnevalslied Viva Colonia). Denn obwohl Volksmusik bzw. die Mainstreammusik nach außen hin recht harmlos wirkt, gehts bei näherer Betrachtung bei 95% dieser Lieder auch nur um das Eine ;).

  • Interpretation zu Waidmanns Heil


    Ich gebe hier mal eine weitere Interpretation zum besten.

    Diesmal geht es um den Song Waidmanns Heil, welcher eigentlich eine einzige Doppeldeutigkeit darstellt. Dabei fasziniert es mich immer wieder, wie Till es schafft mittels Jägerjargon jeder Textzeile einen doppelten Boden zu verpassen. Das ist hohe Dichtkunst und gleichzeitig kann man mit der Verwebung beider Ebenen eine Aussage über die männliche Natur und unsere heutige Gesellschaft treffen.:/


    In Waidmanns Heil geht es um zwei Formen der Jagd, welche beide die natürlichen Aufgaben des Mannes repräsentieren. Diese bilden einerseits die Nahrungsbeschaffung und andererseits die Fortpflanzung. Gejagt wird also nach Essen und nach Frauen, beides wunderbar verpackt in den Liedzeilen.8)


    Ich bin in Hitze schon seit Tagen


    Die Hitze bildet hier den Urinstinkt des Mannes ab. Dieser besteht wie schon beschrieben aus der Futtersuche oder aus der Suche nach einer Geschlechtspartnerin. Der Protagonist wünscht sich also nach einer langen Durststrecke entweder mal wieder zu vögeln oder mal wieder etwas zu jagen. Die Jagd bereitet dem Mann dabei ähnlichen Spaß wie der Sex, es ist ein Instinkt, welcher befriedigt werden muss, wenn dies nicht geschieht entsteht Druck. Gemeint ist also sowohl der Spaß an der Jagt, aber auch ganz simpel der Hunger.


    So werd ich mir ein Kahlwild jagen.


    Dem Druck muss also entgegengewirkt werden, hier bietet sich die Jagd nach einem Kahlwild an. Das Kahlwild meint dabei im Jägerjargon ein junges weibliches Rotwild. Dieses soll gejagt werden, weil es einerseits leichte Beute ist und der Jäger damit schnell an Futter kommt. Andererseits kann damit natürlich auch eine sehr junge, attraktive Frau gemeint sein, von der eine starke sexuelle Anziehungskraft ausgeht.


    Und bis zum Morgen sitz ich an


    Der Jäger muss nun geduldig sein, eine erfolgreiche Jagd braucht Zeit. Das trifft sowohl auf die Liebe zu, als auch auf die Jagd nach Tieren. Gejagt wird dabei meistens Nachts, da die Tiere den Jäger so nicht bemerken oder eben im sexuellen Sinne in Diskos, Bars usw.


    Damit ich Blattschuss geben kann


    Der Blattschuss ist ein Volltreffer. Mit diesem kann ein großes Tier mit nur einer Kugel erlegt werden. Dieser kann auch metaphorisch als Schuss von Amor also dem Pfeil im Herzen interpretiert werden. Also im Sinne von: Das Erobern des Frauenherzes oder eben als: Zum Schuss kommen, also beim Sex zu kommen.


    Ein Schmaltier auf die Läufe kommt

    Hat sich im höhen Reet gesonnt

    Macht gute Fährte tief im Tann

    Der Spiegel glänzt, ich backe an


    In der zweiten Strophe erblickt nun der Jäger ein geeignetes Jagdziel. Dieses ist ein Schmaltier also ein Wild, welches noch nicht begattet wurde oder eben eine Jungfrau. Dieses verfolgt er einige Zeit von einer Lichtung bzw. Wiese (Reet) bis in den Wald (Tann). Auf Frauen bezogen, hat der Jäger das Mädchen vielleicht draußen auf den Straßen entdeckt und folgt dieser in die nächste Lokalität. Dabei macht sie eine gute Figur (vielleicht tanzt aufreizend etc.). Der Spiegel ist dabei für den Jäger besonders interessant, gemeint ist die helle Färbung am Hinterteil des Tieres. Man könnte auch sagen die Frau hat einen geilen Hintern. Diese Gelegenheit lässt sich der Jäger nicht entgehen und bleibt an seiner Beute dran.


    Der Wedel zuckt wie Fingeraal

    Die Flinte springt vom Futteral

    (Waidmanns, manns, manns, manns Heil)

    Ich fege mir den Bast vom Horn

    Und gebe ein gestrichenes Korn
    Waidmanns, manns, manns, manns Heil


    Nun hat der Jäger es fast geschafft. Er ist so nah an seiner Beute, dass er nun angreifen kann.


    Der Jagderfolg scheint ihm sicher, was an den eingeschobenen Waidmanns, manns, manns Heil repräsentiert wird. Eine Floskel die das Jagdglück heraufbeschwören soll bzw. sollte dieses eintreten, auch gesagt wird. Dabei zuckt der Wedel des Tierens ähnlich wie die Finger (Fingeraal - im übrigen ein schöner Neologismus) des Jägers leicht zittern, vielleicht aus Vorfreude, weil sein Ziel in greifbarer Nähe ist oder eben weil der Finger beim Abschuss abdrückt. Er nimmt die Flinte also aus dem Behältnis (Futteraal) in die Hände. Dabei bemerkt er, dass an seinem Jagdhorn Rindenreste (Bast vom Horn) hängen, welche vielleicht beim Büsche durchstreifen, daran hängen geblieben sind. Diese streift er ab. Dann stellt er sein Zielfernrohr ein (Korn) und ist bereit abzudrücken.


    Natürlich ist das alles super Doppeldeutig, die Flinte meint ganz klar ebenfalls ein Phallussymbol. Vielleicht hat der Mann nun das Mädchen verführt und sie liegt vor ihm im Bett. Er zieht sich also die Hose (Futteral) aus und der Penis (Flinte) springt heraus. Da der Mann wie eingangs erwähnt schon eine längere Durststrecke hinter sich hatte, kann er sich nun endlich Den Bast vom Horn fegen, also die alten Rückstände bzw. Druck loswerden, da er nun endlich zum Schuss kommt. Den Bast vom Horn also vom Geweih fegen sich auch Tiere, wenn sich daran Hautrückstände befinden. Hiermit könnte also ein (männlicher) Hirsch gemeint sein, da diese das größte Geweih haben. Seine Aufmerksamkeit gilt nun nur noch der Frau, er nimmt sie ins Visir (Korn) und es geht los.


    Nun geht es zur Sache, der Sex bzw. der Abschuss wird dabei wunderbar durch das Musiksolo untermauert, welches zu dem Zeitpunkt des Liedes einsetzt und richtig nach Vorne geht.^^

    Danach ist die Jagd vorbei.


    Sie spürt die Mündungsenergie

    Feiner Schweiß tropft auf das Knie


    Sie also das das Schmaltier spürt die Mündungsenergie des Schusses und wird erlegt, die Jagd ist also geglückt. Da die Jagd anstrengend war, schwitzt der Jäger.

    Sie also die Frau kann aber ebenso die Mündungsenergie spüren indem der Mann auf/in sie ejakuliert, auch hier ist die Jagd geglückt und schweiß tropft, weil der Sex anstrengend war.



    Zusammenfassend kann man also sagen, wie beschrieben ist der Text eine einzige Doppeldeutigkeit :D. Genial ist dabei einfach, wie jede Zeile zweideutig ausgelegt werden kann. Es geht also wie in Du riechst so gut wieder einmal um das animalische im Meschen bzw. explizit im Mann. Der Text zieht dabei seine Parallele bewusst so, dass die Fortpflanzung und die Nahrungssuche auf einer Ebene stattfinden und geschickt miteinander verwoben werden.

    Daraus ergeben sich einige Fragen: Nämlich fällt in heutiger Zeit eine dieser Urfunktionen des Mannes weg: Nämlich die Jagd. Männer müssen sich also in ihrem Lebensinn umorientieren. Das ist nicht ganz einfach, denn da arbeitet die Natur nun gegen die sozialen Konventionen. Ein spanender Film zu diesem Thema ist im übrigen Fight Club ;). Ein Ausgleich muss also her, dieser gelingt mal mehr mal weniger Geschickt über Hobby oder den Beruf. Manche Männer verüben aus diesem Grund eventuell auch Verbrechen und andere Menschen gehen für diesen Ausgleich nun ja ... eben auf die Jagd.

    Diese praktizieren sie aber rein zwecks des Spaßes. Hier darf kritisch gefragt werden, ob dieses Verhalten rein spaßeshalber nicht problematisch ist? Gleichzeitig steht der Mann, aber unter Druck (Hitze), gehört die Jagd doch zu seinen Grundaufgaben. Diesen aufreibenden Konflikt mit den natürlichen Instinkten, brüllt TIll im Refrain passend und leidvoll heraus:


    Auf dem Lande, auf dem Meer lauert das Verderben


    Das ist nun wieder Jägerjargon. Im Kontext des Liedes meint diese Refrainzeile. Egal wo wir sind, überall sind wir unseren Instinkten ausgesetzt. Wir können uns nicht verstecken, immer üben diese Druck aus und wollen uns den Weg diktieren.


    Die Kreatur muss steeeeerben


    Dieser Urzustand in uns, also die Kreatur im Menschen/ Mann bzw. das Animalische findet aber in unser heutigen Gesellschaft keinen Platz mehr. Sie muss deswegen sterben. Das Wort sterben brüllt Till dabei so intensiv und leidvoll, weil diese Überwindung bzw. das zuwider Handeln gegen die Natur Schmerzvoll ist.

  • Interpretation zu Stein um Stein


    Weils mir irgendwie Spaß macht und ich derzeit glücklicherweise auch die Zeit dazu finde, werde ich wohl in regelmäßigen Abständen hier mal die ein oder andere Textinterpretation von Till hochladen.

    Nun zur nächsten Interpretation.

    Diesmal geht´s um Stein um Stein einen wunderbar düsteren Song über einen Psychopathen, der sein Frau umbringt und diese anschließend auf dem Grundstück einbetoniert und ein Haus auf ihr errichtet.

    Nein Spaß ;) im Song steckt doch einiges mehr als dieses Schauermärchen, wobei das Lied auch wunderbar auf dieser Ebene funktioniert. Toll ist dabei ebenfalls, wie Till die Emotionen durch seine Stimme transportiert. Während manche Stellen sehr zärtlich und gefühlvoll klingen, wechselt sein Tonfall dann plötzlich wieder zu Wutausbrüchen, welche eindringlich herausgebrüllt werden.

    Und hier sind wir dann auch schon beim eigentlichen Thema von Stein um Stein. Es geht mal wieder um Gefühle, genauer gesagt um die Ehe. Laut Till haben Gedanken um eine eventuelle Hochzeit mit seiner damaligen Freundin, ihn zu diesem Text inspiriert. Nun ja und wie man es von Till halt kennt, kommt die Liebe und die Aussicht auf eine glückliche Partnerschaft in den Liedzeilen nicht besonders gut weg :D Dabei sind es gerade sehr passende und vielsagende Metaphern, welche dem Song seine besondere Note verleihen.


    Inhaltlich kann man den Text auf verschiedene Formen der Ehe anwenden z.b. Zwangsehen oder wie im Mittelalter politisch motivierte Zweckehen.

    Ich entscheide mich bei meiner Interpretation aber für eine Ehe aus Liebe, welche dann im Laufe der Zeit immer mehr zum Albtraum mutiert. Das wird wie ich finde einerseits durch die anfangs gefühlvolle später hasserfüllte Stimme von Till gut transportiert. Andererseits lässt das metaphorische Einmauern, bei dem die Wände Stein um Stein langsam aufgezogen werden, auf einen Prozess schließen. Diese Ehe war also nicht immer schlecht, oft verlieben sich Menschen ineinander und blenden anfangs alle negativen Eigenschaften des Gegenübers aus. Schlechend verschlechtert sich dann die Situation und wird die Misere dann erkannt, ist es eventuell schon zu spät (z.B. durch Kinder, Finanzielle Abhängigkeiten usw. ). Gut würde hier eine Ehe im Kontext der 50,60 er Jahre passen. Eine Zeit in der klare Rollenvorstellungen herrschten, der Mann den Ton angab und nach außen hin die vorzeige Familie repräsentiert wurde. Zu dieser Zeit war eine Scheidung gesellschaftlich sehr verpönt, sodass ein Ausbruch aus einer toxischen Partnerschaft nach Besiegelung des Ehegelübtes kaum noch möglich war.


    Ich habe Pläne große Pläne

    Ich baue dir ein Haus


    Am Anfang der Partnerschaft gibt es Pläne, Träume, Ziele und Wünsche. Das Haus steht hier repräsentativ für den Familiensitz, hier wird sich niedergelassen und es bildet das Zentrum dieser Ehe, es steht gewissermaßen stellvertretend für diese Ehe. Schon in den ersten Zeilen des Textes fällt auf: Die Beziehung ist wohl asymmetrisch. Nur eine Person hat hier die Pläne. Sie gibt den Ton an, sie baut das Haus bzw. die Familie nach den eigenen Vorstellungen auf, die andere Person kommt nicht zu Wort.


    Jeder Stein ist eine Träne

    Und du ziehst nie wieder aus


    Nun folgt ein Ausblick auf das was kommt. Das Haus also die Ehe bzw. die Familie wird nun also über einen längeren Zeitraum aufgebaut. Dabei werden viele Etappen mit , Streit, Ängsten und Schmerzen folgen. Diese werden repräsentiert durch Tränen, welche Teil dieses Hauses werden. Wir erfahren auch, dass es für die andere Person kein zurück mehr aus dieser Beziehung (z.B. durch finanzielle Abhängigkeiten, gesellschaftliche Zwänge, Kinder, Hoffnungen, Angst etc.) geben wird. Sie wird damit auch Teil des Ganzen Dilemmas bzw. Teil des Hauses.


    Ja ich baue ein Häuschen dir

    Hat keine Fenster keine Tür

    Innen wird es dunkel sein

    Dringt überhaupt kein Licht hinein

    Das Haus das nun also errichtet wird, ist kein Offenes, mit Ausgang bzw. Blick nach draußen. Nein es ist ein dunkler Ort ohne Licht und voller Kälte. Niemand kann ins Haus blicken, eine Fassade wird also errichtet, welche der Gesellschaft dann präsentiert wird. Nach außen hin wirkt das Leben der Familie vielleicht harmonisch, schön und tadellos. Niemand weiß von den Abgründen, welche wahrscheinlich der Öffentlichkeit verschwiegen werden. Es wird der Schein gewahrt, doch nach innen, gibt es diese Fassade nicht. Hier gleicht das Haus einem Gefängnis, ohne Aussicht je wieder nach draußen zu gelangen.


    Ja ich schaffe dir ein Heim

    Und du sollst Teil des Ganzen sein

    Diese Fassade, dieses Bild soll also der Gesellschaft vorgezeigt werden, dabei wird das Gegenüber Teil das Ganzen. Es soll also dazu genutzt werden, das perfekte Familienleben zu präsentieren. Dabei dient es in seiner Funktion eher als Equipment des Hauses als als gleichberechtigter Ehepartner.


    Ohne Kleider ohne Schuh

    Siehst du mir bei der Arbeit zu

    Mit den Füssen im Zement

    Verschönerst du das Fundament

    Wieder baut hier nur einer das Haus, die andere Person, darf nicht mitbestimmen und nur zusehen. Das spiegelt eine klassische Rollenverteilung wieder,, ähnlich wie es noch in den 60 er Jahren der Fall war. Die eine Person wird hier wohl der Mann sein, der klassisch arbeitet, die andere Person ist die Frau, welche im Haus (Haushalt, Kinder) bleiben muss. Hier wird sie sogar metaphorisch in das Haus einzementiert, sie gehört nun zum Inventar des Hauses. Sie ist mehr eine Zierde der Hausfassade, als eine Selbstbestimmte Person sie verschönert das Fundament.


    Dabei hat sie weder Kleidung noch Schuhe an. In einer Ehe wird sich nicht nur physisch voreinander ausgezogen. Die Ehepartner wissen nahezu alles voneinander, jedes intime Detail. Diese Nacktheit macht sehr verletzbar und schafft Abhängigkeiten. Weiterhin kann der schöne nackte Körper der Frau als Metapher für die Vorzeigefamilie interpretiert werden. So hat der Mann hier eine Dame, die er bei Veranstaltungen der Gesellschaft vorführen kann, er erfüllt das Kleinbürgerliche Ideal mit einer treuen, hübschen Frau, welche auf ein Perfektes Leben schließen lässt. Wie eine Trophäe wird sie der Welt präsentiert, ihr Innenleben bleibt verborgen.

    Draußen wird ein Garten sein

    Und niemand hört dich schreien

    Die Abgründe lauern hinter dieser perfekten Fassade und bleiben der Außenwelt verborgen. Die Fassade wird hier durch den schönen Garten veranschaulicht. In das Haus kann aber niemand blicken und das wahre Leid bleibt im Dunkeln. Niemand hört die Frau (innerlich) schreien.

    Stein um Stein mauer ich dich ein

    Stein um Stein

    Dieser Prozess geschieht wie eingangs erwähnt schleichend, Stein für Stein dringt in das Haus und in das Leben der Ehegattin immer weniger Licht.


    Ich werde immer bei dir sein

    Welch ein Klopfen welch ein Hämmern

    Draußen fängt es an zu dämmern


    STein um STein dringt weniger ziehen sich die Mauern hoch. Es gibt genügend Anzeichen dafür, welche Abgründe hinter dem Haus lauern. Diese präsentiern sich klopfend und Hämmernd, doch diese werden (vielleicht durch Verliebtheit) zu lange ignoriert und in dem Moment, wo der Partnerin klar wird, dass sie bald eine Gefangene in der Ehe sein wird, ist es schon zu spät. Das Ganze wird schön umschrieben durch die Metapher der dämmerns. Dämmern bedeutet einerseits Sonnenaufgang, kann aber auch Sonnenuntergang bedeuten. In diesem Falls wohl eher Zweiteres. Als es der Frau also dämmert, dass sie bald in dieser Ehe gefangen sein wird, ist es bereits zu spät. Die Mauern werden hochgezogen und die Dämmerung bricht an und mit ihr kommt die vollkommene Dunkelheit.


    Alle Nägel stehen stramm

    Wenn ich sie in dein Leibholz ramm'

    Steeeeeeein

    Das ist der Moment, in dem die Frau vollkommen in das Haus also die Ehe eingenagelt wird. Leibholz ist dabei ein toller Neologismus. Sie ist fortan ein Rohstoff des Hauses, so eng in die Ehe eingearbeitet, dass es keinen Weg mehr zurückgibt.

    Hier kann der stramme Nagel auch als Phallussymbol interpretiert werden. Geschlechtsverkehr war früher ja erst nach der Hochzeit erlaubt. Durch die Entjungferung war die Ehe fortan besiegelt.

    Die Nägel, welche mit dem Wort ramm eingearbeitet werden, folgt mit einem Schrei das Wort Steeein – ja es fällt kaum auf, aber hier wird Rammstein gebrüllt und damit geschickt in den Text eingeflochten. Rammstein steht eben für eine negative Sicht auf die Liebe :D


    Und keiner hört dich schreien


    Am Ende nochmal die bittere Gewissheit. Die Ehepartnerin ist fortan eine Gefangene in der Lebensplanung eines anderen. Sie ist nun passiver Teil einer perfekten Familienfassade, aus dem es keine Hintertür mehr gibt. Dieser Zustand bereitet ihr Qualen, aber niemand erfährt von diesem Schreien, denn nach außen hin präsentiert die Familie für Jedermann die perfekte Fassade.

  • Interpretation von Amour


    Hier die nächste Textinterpretation von Till, diesmal zum Song Amour.

    Ich persönlich muss ja sagen, dass ich das Lied gerade in meiner Jugend verdammt oft gehört hatte und deswegen einiges damit verbinde. Immer als es mir mal schlecht ging oder andere Menschen mich enttäuscht/ verlassen hatten, beschrieben diese Worte die Trauer perfekt. Gerade Tills düstere, ruhige Stimme baut dabei einfach so eine schön, melancholisch- schaurige Atmosphäre auf, die einen sofort in den Bann zieht.


    Ich teile Rammsteinsongs gerne in verschiedene Kategorien ein. Bisher hatte ich in diesem Thread nur solche analysiert, die Doppeldeutig waren. Das ist bei Amour anders. Dieser Song setzt wie z.B. auch Ohne Dich oder Feuer und Wasser auf eine emotionale, atmosphärische Beschreibung. Nun ja zum Inhalt muss man deswegen nicht viel sagen - könnte man anfangs denken. Hinter dem recht offensichtlich geschilderten, kann man doch gewisse Details erkennen, was gerade das Ende des Liedes recht interessant macht.^^


    Generell kann man den Inhalt in 3. Aspekte unterteilen:



    Der erste Aspekt wird dabei, in den Strophen geschildert und beschreibt das Wesen der Liebe:


    Die Liebe ist demnach ein wildes Tier. Dabei ist sie auf die menschliche Existenz angewiesen, braucht diese zum überleben und jagt sie deswegen: Sie atmet dich sie sucht nach dir. Das ist logisch, denn Menschen verlieben sich und ohne Menschen würde es keine Liebe geben (ich klammere jetzt mal Tiere aus). Die Liebe ist dabei eine Art Parasit, der sich bei einem Wirt einnistet und diesen mit der Zeit immer weiter aussaugt: Saugt sich fest an deinen Lippen. Die Liebe ist, also nicht gutmütig, denn sie birgt Schmerzen (Sie beißt und kratzt und tritt nach mir). Das fällt Betroffenen häufig aber erst nach einiger Zeit auf, was den Weg zurück immer schwieriger macht (Hält mich mit tausend Armen fest --> Gefangen zwischen deinen Zähnen). Die Liebe ist also in ihrer Art und Weise ein böses Wesen, das wird unmissverständlich klar gemacht und spiegelt einmal mehr Tills kritische Sicht auf dieses Thema wieder. Das wird in eindrucksvolle Metaphern verpackt, die glaube ich jeder nachvollziehen kann, der einmal Liebeskummer hatte.;(



    Der Zweite Aspekt des Songs geht auf den Prozess der Liebe ein und das in 4 Schritten:


    1. Geht auf Jagd bei Kuss und Kerzen -->Lässt sich fallen weich wie Schnee: Es fängt dabei ganz harmlos an. Erst ist alles schön, es gibt viele romantische Momente. In dieser wunderschöneren perfekten Regenbogenwelt geht die Liebe auf die Jagd. So gelangt sie an ihre Beute und zerrt diese in ihr Liebesnest. Dabei verlieben sich in der Regel Personen ineinander, die zur Zeit nicht in jemand anderes verliebt sind (Nistet auf gebrochenen Herzen). Vielleicht hatten sie zuvor eine Trennung hinter sich und sind deswegen Single. In dieser Anfangsphase der Liebe ist noch alles total harmonisch und es stehen nur die Positiven Aspekte im Vordergrund. Oft wird verliebten Menschen auch unterstellt, dass sie alles durch die rosarote Brille sehen, eben nicht mehr richtig urteilen können.


    2. Einmal verliebt, gibt es kein entrinnen mehr, Verliebte werden werden mehr oder weniger eingesaugt und führen Fortan ein Leben, dass geprägt ist von der Liebe(Frisst mich auf mit Haut und Haar) Der Einfluss der Liebe geht soweit, dass sie tief in die Personen eindringt (Gräbt sich Gänge durch die Rippen) So ziehen Menschen zusammen, heiraten, gründen eine Familie und teilen intimste Details miteinander. Menschen gehen also irgendwann vollständig in einem Leben auf, das durch die Liebe geprägt bzw. veranlasst wurde. Dieser Zustand kann lange Zeit andauern bis irgendwann die Schmerzen kommen.


    3. Erst wird es heiß dann kalt am Ende tut es weh: Oftmals geschieht dies wenn die Beziehung routiniert verläuft und die erste heiße Phase am abklingen ist. Hier realisieren Menschen dann häufig erst die negativen Aspekte ihres Partners. Dabei kann es zu Differenzen bzw. Streitigkeiten kommen, welche in ihrer Menge immer häufiger vorkommen. Schließlich wird sich dann gegenseitig verletzt (beißt und kratzt und tritt nach mir).


    4. Im letzten Schritt kommt es dann zur Trennung bzw. zur Scheidung. Dieser Entschluss wird häufig erst nach langer Zeit gefasst und stellt einen Neubeginn dar (Und würgt mich wieder aus nach Tag und Jahr). Oftmals beginnen frisch getrennte Menschen dann wieder ein vollkommen neues Leben. Es werden neue Bekanntschaften gemacht, eine neue Unterkunft gesucht usw. Nun schließt sich wieder der Kreis zum Anfang, denn die Liebe nistest auf gebrochenen Herzen. Ist also die zuvor unglückliche Liebe nun endlich vorüber, beginnt der ganze Prozess von vorne und es wird sich wieder verliebt (In die Augen starrt sie dir--> Verzaubert wenn ihr Blick dich trifft) .

    Somit entsteht ein Teufelskreis und die Liebe verzaubert ihre Opfer von Neuem. Diese werden anschließend die 4. Stufen der Liebe wieder durchleben und das immer so weiter. Alle mit dem einen Ziel vor Augen nämlich die gutmütigen Liebe zu finden, vielleicht also endlich den perfekten Partner zu treffen (Alle wollen nur dich zähmen). Die Liebe ist aber wie schon beschrieben bösartig und es wird immer auf das Gleiche hinauslaufen (Am Ende gefangen zwischen deinen Zähnen).



    Der Dritte Aspekt des Songs bildet dann schließlich das Ende, welches Interpretationsspielraum eröffnet:


    Die erste und gängigste Variante, wie das Ende gedeutet werden kann, ist Suizid. Bitte bitte gib mir Gift meint nach diesem Ansatz, dass die betroffene Personen, um das böse Wesen der Liebe weis und sich deswegen umbringt. Ihr wird vielleicht nach einer weiteren gescheiterten Beziehung bewusst, dass die Liebe immer in diesem Teufelskreis endet und entschließt sich deswegen durch einen Suizid diesem Schicksal zu entgehen. Ich halte diese Interpretation von Till für gewollt, aber nicht die Eigentliche.


    Berücksichtigt man nämlich den Kontext heißt es in den Zeilen direkt zuvor: In die Augen starrt sie dir --> Verzaubert wenn ihr Blick dich trifft. Wurde also im Song zuvor die Sicht einer Person geschildert, die die Liebe gerade hinter sich hatte, ist das der Wendepunkt und sie verliebt sich erneut. An dieser Stelle blickt die Liebe diesem Menschen wieder in die Augen und es wird eben beschrieben, wie dieser Mensch verzaubert wird. Dieser steht deswegen erneut vollkommen unter dem Einfluss der Liebe und bettelt deswegen nach diesem Gift. Das Gift ist in diesem Kontext aber kein physisches Gift, sondern eine Metapher für die Liebe. Diese wird nämlich im ganzen Song als etwas Negatives beschrieben, die Assoziation mit Gift macht deswegen Sinn. Somit beginnt der Teufelskreis von neuen. Die zuvor enttäuschte Person verliebt sich wieder, wird eben von der Liebe verzaubert und bettelt deswegen nach ihr. Infolge dessen wird sie wieder den ganzen Prozess der Liebe durchleben, an dessen Ende die Schmerzen warten. Es gibt also kein entrinnen.


    Es macht deswegen mehr Sinn das Ende als erneuten Beginn dieses Zyklus zu interpretieren.

    Man muss diesen Neubeginn aber nicht zwingend nur negativ auslegen. Geht man nämlich davon aus, dass die im Song getroffenen Aussagen nicht Allgemeingültig für die Liebe stehen, sondern aus der subjektiven Perspektive des lyrischen Ichs entstanden sind, kann man das Ende auch positiv werten. Demnach war das lyrische Ich zu Beginn des Textes noch enttäuscht von der Liebe, hatte Liebeskummer, Schmerzen usw. und hat deswegen die Welt schwarz gesehen. Nun verliebt es sich aber am Ende des Songs erneut und sieht die Welt im Anbetracht dieser Umstände nun anders. Somit weiß es aus den alten Erfahrungen, dass die Liebe Schmerzen bedeuten kann und nennt sie deswegen auch Gift, verlangt aber eindringlich nach der Liebe. Diese Person will also trotz aller negativer Aspekte der Liebe, sich trotzdem wieder erneut verlieben.

    Weil eben die Liebe auch viele schöne Facetten hat und es sich für diese lohnt zu lieben und wer weiß, vielleicht kann man die Liebe am Ende eben doch zähmen.;)





  • Wiener Blut


    Da ich mit meiner Masterarbeit recht viel Stress hatte, kam ich leider seit längerem nicht dazu eine weitere Interpretation hochzuladen. Ich versuche hier eigentlich in regelmäßigen Abständen Texte zu interpretieren, leider ließ das nun die letzten Wochen etwas zu wünschen übrig. Nun ja.... das ändert sich in Zukunft hoffentlich, weiter geht es mit Wiener Blut:


    Ich gehe mal davon aus, dass die Meisten von den Ereignissen rund um Josef Fritzl bescheid wissen. Falls nicht Wikipedia hilft immer ;):

    https://de.wikipedia.org/wiki/Josef_Fritzl


    Aufjedenfall ist der Fall Josef Fritzl wieder ein schockierendes und sehr abartiges Beispiel dafür, wozu Menschen fähig sein können. Es verwundert daher wenig, dass die Jungs von Rammstein, ganz im "Mein Teil " Stil, auch diese Tragödie musikalisch verarbeiten. Besonders interessant ist dabei, die Art und Weise wie die Tragödie aufgearbeitet wird.

    Denn es bleibt hierbei nicht bei einer reinen Faktenschilderung. Stattdessen wird das ganze Verbrechen mit der Stadt Wien und der Bibel in Bezug gesetzt, um auf diese Weise inszenatorisch für harte Kontraste zu sorgen und so ein Gefühl der Panik und Trostlosigkeit zu erzeugen. Ich versuche das im Folgenden mal genauer auszuführen.


    Im übrigen gefiel mir das Lied anfangs überhaupt nicht. Erst später als ich mir"Rammstein in Amerika" gekauft hatte und auf der DVD den eindrucksvollen Live Auftritt aus dem Madison Square Guarden sah, habe ich den Song so richtig zu schätzen gelernt.



    Nun aber zur Interpretation:



    "Komm mit mir, komm auf mein Schloss"


    Das Lied fängt sehr idyllisch an. Am Anfang wird eine Einladung auf ein Schloss ausgesprochen, dazu hören wir klassische Musik im Hintergrund. Da der Song Wiener Blut heißt,werden sofort Assoziationen zu Sissi bzw. Prinzen und Prinzessinen geweckt. Eine Art heile Welt wird hier also vorgeschoben, im schönen Ambiente mit Schlössern und kulturell anspruchsvoller Musik, welche an Mozart bzw. die Wiener Klassik erinnert. Alles erscheint friedlich, aber das ist nur der Schein.


    "Da wartet Spaß im Tiefgeschoss"

    Leise, leise wollen wir sein

    Den Augenblick von Zeit befreien

    Ja, das Paradies liegt unterm Haus

    Die Tür fällt zu, das Licht geht aus"


    Verborgen hinter dieser äußeren Fassade des Schlosses, liegt das Tiefgeschoss. Tiefgeschoss kann hier ganz rammsteintypisch mehrfach interpretiert werden. Einerseits sicherlich als Keller, in welchem Josef Fritzl seine Nachkommen jahrelang gefangen hielt und diese missbrauchte. Weiterhin kann mit Tiefgeschoss, auch die Position der Geschlechtsteile am menschlichen Körper beschrieben werden.

    Dieses Tiefgeschoss wird hier als Paradies beschrieben. Somit wird klar, dass die Geschehnisse im Folgenden aus der Täterperspektive heraus geschildert werden.

    Das Schloss ist also kein wirkliches Schloss und das angepriesene Paradies ist ebenso subjektiv verzerrt, die Realität stellt sich hier anders dar, als eingangs beschrieben. Man ahnt nichts Gutes....



    "Seid ihr bereit?

    Seid ihr soweit?


    Nun wird Spannung aufgebaut, was lauert im Tiefgeschoss?


    Willkommen IN DER DUNKELHEEEIT

    IN DER DUNKELHEEIT"


    An dieser Stelle eskaliert das Lied richtig. Es gibt glaube ich kaum ein Rammsteinsong (neben Puppe) in dem Till so endringlich am schreien ist. Das erzeugt sofort un behagen und spiegelt sehr eindrucksvoll die gesamte Grausamkeit dieser Tat wieder. Dabei kann man auch hier wieder eine Doppeldeutigkeit raushören. Das Wort Willkommen wird nämlich als Will kommen ausgesprochen. Das ist definitiv kein Zufall, gibt es Doppeldeutigkeiten in Rammsteintexten sind diese bewusst so gewollt. Nun ja und es passt auch zum Fall Josef Fritzl. Der sexuelle Missbrauch wird an dieser Stelle herausgebrüllt. Nun wissen wir, was hinter der Fassade des Schlosses liegt.


    Keiner kann hier unten stören

    Niemand, niemand darf uns hören

    Nein, man wird uns nicht entdecken

    Wir lassen uns das Leben schmecken

    Und bist du manchmal auch allein

    Ich pflanze dir ein Schwesterlein

    Die Haut so jung, das Fleisch so fest

    Unter dem Haus ein Liebesnest


    In dieser Strophe werden die Ereignisse der Tat nochmal explizit geschildert und in ihrer Abscheulichkeit gesteigert. Es handelt sich nicht nur um einen Missbrauch, nein das Verbrechen wird auch an der nächsten Generation fortgesetzt. Man glaubt es kaum, zu welchen Abscheulichkeiten der Mensch fähig ist.


    "Seid ihr bereit?

    Seid ihr soweit?

    Willkommen in der Dunkelheit

    In der Dunkelheit

    In der Einsamkeit

    In der Traurigkeit

    Für die Ewigkeit

    Willkommen in der Wirklichkeit"


    Diese Stelle wiederholt nochmal den Refrain: Will kommen in der Dunkelheit. Dem Zuhörer wurde nun also eindringlich ins Ohr gebrüllt, was mit der Dunkelheit gemeint ist. Weiterhin werden noch passende Substantive für dieses Verbrechen hinzugefügt wie Einsamkeit, Traurigkeit und Ewigkeit. Diese Aufzählung endet mit dem Satz:

    Willkommen in der Wirklichkeit.

    Hier also nun die Erinnerung. Diese Tat ist nicht etwa ausgedacht oder eine Befürchtung. Nein sie hat genauso in der Realität stattgefunden. Hinter der scheinbaren harmlosen gesellschaftlichen Alltag, wurde ein solches Verbrechen über viele Jahre verübt und geheimgehalten. Diese Erkenntnis kann auch ganz allgemein auf das kleinbürgerliche Gesellschaftsbild übertragen werden. Wien steht nämlich wie keine zweite Stadt für die Kultur und die gesellschaftliche Etikette. Die Schlösser und prunkvollen Bauten spiegeln die Romantik bzw. eine heile Welt wieder. Dieses gesittete und hochkultivierte Gesellschaftsbild ist aber nur eine Fassade, dahinter bzw. in den Kellern verborgen vor der Öffentlichkeit, lauern die menschlichen Abgründe. Der Fall Josef Fritzl repräsentiert dies und erinnert uns an die dunkle Seite im Meschen, welche irgendwo und irgendwann immer wieder zum Vorschein kommt. Dadurch das der Mensch weitgehend sozialisiert ist, werden solche Aspekte leicht vergessen, Rammstein erinnern uns immer wieder daran, dass hier häufig der Schein trügt.


    "Und wanderst du im tiefen Tal

    Seid ihr bereit?

    Und sei dein Dasein ohne Licht

    Seid ihr soweit?

    Fürchte kein Unglück, keine Qual

    Macht euch bereit

    Ich bin bei dir und halte dich

    Ich halte dich in der Dunkelheit

    In der Dunkelheit"


    Nachdem in den vorherigen Strophen, das Gesellschaftsbild seziert und demaskiert wurde, holt die letzte Strophe zum Rundumschlag aus. Hier wird ein Bibelpsalm mit der Tat von Josef Fritzel kontrastiert. Wir erinnern uns, die der letzte Textteil endete mit dem Satz " Willkommen in der Wirklichkeit".

    Es ist also kein Wunder, dass daran anschließend ganz rammsteintypisch wiedereinmal Kirchenkritik folgt.

    Im konkreten wird hier nämlich der berühmte Psalm 23:4 "Und ob ich schon wanderte im finstern Tal, mit dem, im Song beschriebenen Verbrechen von Josef Fritzl, verschachtelt. Dies immer abwechselnd. Erst kommt ein Satz, welcher an den Psalm erinnert, dann bricht der Rammsteintext durch. Schließlich verschwimmt der Psalm mit dem Liedtext und endet pessimistisch nämlich wieder mit der Dunkelheit.

    Dies kann wieder zweifach gedeutet werden. Einerseits in dem Sinne, dass dies die Realität ist und das solche Verbrechen nun mal passieren in der Wirklichkeit. Dabei hilft es nicht zu irgendeinem Gott bzw. einer Religion zu beten. Hier steht die gnadenlose Realität, mit der nach Rammsteins Auffassung frei erfundenen Religion bzw. Glauben im Konflikt.

    Weiterhin kann diese Verschachtelung des Psalms mit Josef Fritzels Täterperspektive ( bei: Ich bin bei dir und halte dich -> Ich halte dich in der DUNKELHEEIT) so interpretiert werden. Das Josef Fritzel in diesem Moment selbst zu einer Art Gott wird. In diesem Keller bestimmt er über das Leben seiner Opfer bzw. zeugt auch neues Leben. Ziemlich makabar. Er ist dort unten also der Herr und seine Gefangenen sind seiner Willkür ausgesetzt, er spielt Gott.




    Abschließend finde ich es gerade bei diesem Liedtext von Wiener Blut spannend, wie viel Till mit wenigen Worten ausdrücken kann.

    Hier wird also das Verbrechen von Josef Fritzl nur als eine Art Anlass gewählt, um das eigentliche Thema nämlich mal wieder das Animalische bzw. Rohe im Menschen darzustellen und auf diesem Wege an den Säulen der sozialen Konstrukte wie Gesellschaft und Glauben kräftig zu rütteln.

  • Interpretation von Mutter - Teil 1


    Thema

    Es überrascht wohl die Wenigsten, aber ich schließe mich in der gängigsten Deutung des Textes an: Es geht in Mutter um die Thematik des Klonens. Diese war - zum Release des Songs nach dem Schaf Dolly - sehr aktuell und wurde einige Jahre in den Medien und Politik diskutiert. So wurde z.B. 2002 (also nur ein Jahr nach dem Mutteralbum) das Embryonenschutzgesetz in Deutschland eingeführt.

    Dabei kann zwischen dem reproduktiven Klonen und dem therapeutischen Klonen unterschieden werden. Bei ersterem soll neues Leben erschaffen werden, indem ein geklonter Embryo in eine Gebärmutter eingesetzt wird und in dieser zur exakten Kopie des Spenders heranwachsen soll. Das therapeutische Klonen hingegen, hat das Ziel, speziell auf einen Spender zugeschnittenes Gewebe zu züchten. Dem geklonten Embryo werden im frühen Stadium Stammzellen entnommen und der Embryo dabei zerstört.


    Der Rammsteintext befasst sich dabei wahrscheinlich mit der zweiteren Thematik also dem therapeutischen Klonen, da es schon einige auffällige Parallelen gibt. So geht es hier auch um Kinder, die nicht alt werden bzw. die zum Sterben verdammt sind „greise Kinderschar“. Weiterhin geben Sätze wie „Ich werd ihr eine Krankheit schenken“ Hinweise auf kurative Aspekte . Hierbei sei aber noch angemerkt, dass der Rammsteintext aber nicht zu 100% wissenschaftlich ist. Vielmehr sollten man den Text eher als kritische Zukunftsdystopie betrachten, bei der scheinbar Menschen einige Jahre gezüchtet werden (somit nicht bereits als Embryos getötet), um ihnen dann Organe zu entnehmen. Diese werden dann zur Heilung, also als Ersatz für kranke Organe den Spendern eingesetzt. Im Grunde beschreibt der Text sehr gut das Szenario, welches in dem Sci-Fi Film „die Insel“ mit Ewan McGregor dargestellt wird.


    Es geht um einen Klon


    Die Tränen greiser Kinderschar

    Ich zieh sie auf ein weißes Haar

    Werf in die Luft die nasse Kette

    Der Liedtext beginnt mit diesen wundervoll düsteren Metaphern. Der Protagonist spricht von einer greisen Kinderschar. Greis ist diese, da diese Kinder wohl nicht für ein langes Leben bestimmt sind. Sobald deren Aufgabe erfüllt ist, werden diese Kinder umgebracht. Ggf. ist deren genetischer Code auch so manipuliert, dass sie schneller altern. Denkbar wäre, dass diese auf eine bestimmte Größe heranwachsen müssen, damit die Organe dann weit genug entwickelt sind, um den Zellspendern eingesetzt werden zu können.

    Das lyrische Ich ist hierbei kein Einzelfall, eine ganze Schar an Kindern wurde schon Opfer solcher Verfahren. Die Tränen stehen dabei für das trostlose, sinnlose Leben dieser Kinder, welche alle schon viel zu früh sterben müssen. Der Protagonist zieht diese metaphorisch auf eine Kette, indem er vielleicht diesen Gedenkt. Diese Kette wird dabei von einem weißen Haar gespannt. Wahrscheinlich ein Hinweis darauf, dass das lyrische Ich schon selbst alt ist bzw. bald sterben wird. Hierbei könnte, dass weiße Haar aber auch für die Endphase seines Lebens stehen. Vielleicht weiß unser Protagonist, dass er nicht mehr lange zu leben hat. Er wirft diese nasse Kette aus den Tränen und dem Haar nun in Luft, was ggf. für den Himmel bzw. die Freiheit durch den Tod steht.


    Und wünsch mir, dass ich eine Mutter hätte

    Im Angesicht des Todes wünscht sich das Kind die Geborgenheit seiner Mutter. In diesen ersten Zeilen des Liedes ist Tills Stimme sehr zärtlich, dies ändert sich im weiteren Verlauf noch zunehmend. Hierbei wird ein erster Widerspruch sehr deutlich. Einerseits wird von einer greisen Kinderschar gesprochen. Kinder die also biologisch kurz vor dem Tod stehen, damit überfordert und mit diesem Schicksal alleingelassen sind. Sie dürfen keine Kinder sein und sehen sich mit Gedanken und Entscheidungen konfrontiert, welche deren Entwicklungsstand nicht entsprechen. Kognitiv sind diese aber noch im Kinderstadium, das wird am Wunsch nach der Mutter deutlich.


    Keine Sonne die mir scheint

    Keine Brust hat Milch geweint

    Dieser Satz kann nun mehrdeutig interpretiert werden. Einerseits gibt es vielleicht wirklich keine Sonne, dort wo das lyrische Ich lebt. Vielleicht lebt dieses seit jeher in einer Art Laborumgebung. Vielleicht steht die fehlende Sonne, aber auch metaphorisch für ein Leben ohne Freude, Spaß, Geborgenheit und Glück. Das lyrische Ich wurde nicht wie üblich, von der leiblichen Mutter gestillt. Es kam anders zur Welt und ohne Eltern.


    In meiner Kehle steckt ein Schlauch

    Hab keinen Nabel auf dem Bauch

    Der fehlende Nabel gibt einen eindeutigen Hinweis darauf, dass das Kind nicht natürlich von der Mutter ausgetragen wurde. Stattdessen ist es im Labor erstaffen wurden. Es hat daher keinen Bauchnabel bzw. Nabelschnur. Wichtige Nährstoffe erhält es aber ebenfalls über eine Art Schlauchvorrichtung, welche in dessen Hals steckt.


    Mutter, Mutter

    Dann setzt der Refrain kraftvoll ein und es wird immer wieder das Wort Mutter wiederholt. Dieses Wort wird nicht liebvoll und zärtlich, sondern düster und bedrohlich betont. Die Mutter steht also im Kontext des Liedes für nichts Gutes. Die letzten Gedanken des lyrischen Ichs drehen sich also nur noch um die Mutter, dies ist wenig verwunderlich, bedenkt man, dass es sich bei diesem wahrscheinlich noch um ein Kind handelt. Denn gerade die Mutter ist für Kleinkinder die wichtigste Bezugsperson. Dieses Kind wurde seiner Eltern beraubt, da es künstlich geschaffen wurde. Viel schlimmer… die Person, welche am ehesten an die Mutter herankommt also der Zellspender, ist der Grund warum das lyrische Ich bald sterben wird. Es verwundert daher wenig, dass der Text zunehmend aggressiver wird…


    Ich durfte keine Nippel lecken

    Und keine Falte zum Verstecken

    Hier wird nochmal der Bezug zum Säugen hervorgehoben, welchen dieses Kind nicht erfahren durfte. Gleichzeitig steht die Falte wohl für das weibliche Geschlechtsorgan, aus welchem das Kind nicht auf natürlichen Wegen zur Welt gekommen ist.


    Niemand gab mir einen Namen

    Die künstlich gezeugten Kinder sind in den Augen anderer Menschen eher eine Art Ersatzteillager für menschliches Gewebe, als ein richtiger Mensch. Diesen wird deswegen auch kein Name zugestanden. Ähnliches kennt man ja auch von Tieren. Haustiere bekommen einen Namen Schlachtvieh hingegen nicht. Ein Name spricht Lebewesen eine Identität zu und unterstreicht deren Einzigartigkeit. Haben Dinge keinen Namen, macht dieser Umstand sie entbehrlich, austauschbar und unnahbar. Diese Kinder werden also eher als Gegenstände angesehen, anstatt als Individuen.


    Gezeugt in Hast und ohne Samen

    Im Idealfall wird ein Mensch durch einen Akt der Liebe gezeugt, also ein Moment voller Emotionen und Glück, indem sich beide Elternteile vereinen. Dieser findet beim Klonen nicht statt. Das genaue Gegenteil ist hier der Fall: Es braucht nur einen Zellspender. Dabei wird in einer sterilen Laborumgebung ein Lebewesen erschaffen. Dies geschieht in Hast also beiläufig und routiniert. Ich denke, dass Till das Wort Hast an dieser Stelle ähnlich wie Hass ausspricht, wird wohl so gewollt sein. Ab diesem Zeitpunkt wird Tills Stimme nämlich immer lauter und bedrohlicher. Es ist toll, wie der Song von anfangs leisen und gefühlvollen Tönen, sich nun in solch negative Emotionen steigert. Thematisch kippt ab dieser Stelle auch das Motiv des lyrischen Ichs. Hatte es zuvor sein Dasein als Klon bedauert, entwickelt es nun enormen Hass auf die eigene Mutter…

  • Interpretation von Mutter - Teil 2

    Da der Text im Gesamten leider zu lang war, hier die Aufteilung in zwei Parts....


    Die Tötung der Mutter

    Ab dieser Stelle wird der Song recht kryptisch. Ich will hier aber mal meine Theorie erläutern, wie ich das Ganze deuten würde. Ich denke nämlich, an dieser Stelle will das Klonkind die eigene Mutter töten. Dazu manipuliert es in einem Wutausbruch die Organe seines Körpers, welche ja eigentlich für den Zellspender bestimmt sind.


    Der Mutter die mich nie geboren

    Hab ich heute Nacht geschworen

    Ich werd ihr eine Krankheit schenken

    Und sie danach im Fluss versenken

    Der Song ist also nun an dem Punkt angelangt, an dem Till sehr bedrohlich und aufgebracht singt. Passend dazu, schwört das lyrische-Ich in diesem Moment der eigenen Mutter nichts Gutes. Dabei ist es Nacht. Metaphorisch kann diese Formulierung als Lebensnacht, also den Momenten kurz vor dem Tod interpretiert werden. Gleichzeitig hört sich dieser Satz nach einer Art Racheschwur an, was durchaus verständlich ist. Denn das lyrische-Ich muss sterben, damit die Mutter bzw. die Person, welche hier der Zellspender ist, weiterleben kann. Dazu will es der Mutter eine Krankheit schenken und sie danach im Fluss versenken. Diese Zeilen sind natürlich sehr kryptisch. Bedenkt man, dass die entnommenen Organe des Kindes eigentlich die Mutter heilen sollen, würde aber der Satz „eine Krankheit schenken“ thematisch passen, da dadurch Sachverhalt der Heilung umkehrt würde. Das Kind will also nicht, dass die Mutter geheilt, wird sondern Gegenteiliges. Bleibt noch die Frage was mit im Fluss versenken gemeint ist? Hierbei gibt der nächste Satz Aufschluss...


    In ihren Lungen wohnt ein Aal

    Hier kommt der wohl rätselhafteste Satz des Liedtextes. Was meint Till wohl mit Aal? Thematisch passt die Aal Metapher jedenfalls mit dem vorherigen Satz „und sie danach im Fluss versenken zusammen“. In Flüssen leben nämlich für gewöhnlich Aale. Diese erinnern an Schlangen und werden mit eher negativen Sachen assoziiert. Ich deute das Ganze so:


    Wie wir wissen, wird den Kindern Gewebe entnommen, um deren Zellspender zu heilen. Dieses Gewebe ist in diesem Fall ein konkretes Organ nämlich die Lunge. Es würde daher Sinn machen, dass Till dieses bewusst benennt. Der Zellspender des lyrischen-Ichs hat also wahrscheinlich eine Lungenkrankheit und wird deswegen die Lunge des Kindes als Ersatzorgan transplantiert bekommen, sobald dieses getötet wurde. Das lyrische-Ich weiß um diesen Umstand bescheid und manipuliert deswegen die eigene Lunge, indem es irgendetwas verschluckt, einatmet oder sich einflößt. Die Zeile „In meiner Kehle steckt ein Schlauch“ würde darauf hindeuten. Somit würde der Satz „In ihren Lungen wohnt ein Aal“ durchaus Sinn machen, denn der Aal würde das verschluckte Teil (oder was auch immer) also jene Substanz repräsentieren, mit der die Lunge beschädigt wird. Auch würde dies erklären warum, das lyrische Ich in diesem Moment von ihren Lungen, obwohl es ja noch die eigenen sind, spricht. Diese werden nämlich nach dem Tod des Kindes der Mutter transplantiert. Da das Kind sich mit Vollendung dieser Tat selbst zum Tode verurteilt hat, werden diese Lungen also nicht mehr lange die eigenen bleiben. Bleibt noch die Frage nach dem Satz: Und sie danach im Fluss versenken? Dies könne so interpretiert werden, dass Menschen ja ertrinken also ersticken, wenn sie im Fluss versinken und durch die beschädigte Lunge wird der Zellspender des lyrischen Ichs wohl auch ersticken und somit sterben. Das ist also die verzweifelte Rache des lyrischen-Ichs an seiner Mutter.


    Ambivalente Gefühle


    Auf meiner Stirn ein Muttermal

    Entferne es mit Messers Kuss

    Auch wenn ich daran sterben muss

    Da das Kind mit Vollendung dieser Tat die eigene Lunge zerstört hat, weiß es, dass es bald sterben muss. Es schneidet sich abschließend das eigene Muttermal heraus, um sich nochmals physisch von der Mutter zu trennen, welche es töten will. Zärtlickeiten wie ein Kuss sollten eigentlich durch die Mutter dem Kind gegeben werden. Hier wird der Kuss pervertiert, da in diesem Moment das Messer mehr Wärme dem Kind spendet als die Mutter, welche sich symbolisch aus dem Körper herausgeschnitten wird. Die letzten Textzeilen deuten allesamt auf den Tod hin. Dieser wird durch den Messerschnitt in Kauf genommen, da er sowieso unabwendbar. ist Das letzte Verb des Textes ist deswegen auch passenderweise sterben muss. Ggf. bringt sich das Kind in diesem Moment auch taktisch bewusst um, da ansonsten die manipulierten Lungen die Todesursache wären. Diese würden dann wohl nicht mehr der Mutter transplantiert werden, anders wäre hier der Fall, wenn es Suizid begehen würde.


    Mutter, Mutter

    Oh gib mir Kraft (4x)

    Die Tragik des Liedtextes wird zum Ende hin nochmals gesteigert. Hier schlägt die angestaute Aggression des Kindes im Angesicht des Todes in Angst über. Alleingelassen und emotional verstört bricht das Kind zusammen und bettelt in seinen letzten Augenblicken seines Lebens nach dem Beistand seiner Mutter „Oh gib mir Kraft“. Wie wir wissen und dem lyrischen ich ebenfalls bewusst, wird dieser Wunsch niemals erfüllt werden. Sehr bitter.

  • Ich denke bei Mutter auch zudem noch an Leihmutterschaft...Die " austragende Mutter" ist am Ende, nicht die, die dem Kind nach der Geburt Liebe und Fürsorge schenkt.Auch dies kann sich für das Kind auch sehr traumatisch auswirken...

  • Interpretation zu Halt


    Lang ist mal wieder her ;), diesmal werde ich den Song "Halt" näher beleuchten. Über das Album Lifad kann man ja halten was man will, ich glaube die meisten sind sich aber darin einig, dass die Bonustracks alleine schon ein Highlight waren. "Halt" bildet dabei keine Ausnahme und ist nach "Donaukinder" das beste Lied auf der Bonusdisk. Gerade der Liedtext ist dabei besonders spannend, da man diesen (genau wie Waidmanns Heil) komplett doppeldeutig interpretieren kann.


    So könnte es einerseits, um eine psychisch kranke Person gehen, welche ggf. eine starke Sozialphobie hat und von der Gesellschaft ausgegrenzt und misshandelt wird. Andererseits könnte es in "Halt" aber auch um die personifizierte Erde gehen, die eben von der Menschheit immer weiter ausgebeutet und zerstört wird...


    "Ich bin jetzt anders, sie haben mich geändert
    Doch ich bin immer noch der Meinung:
    Es gibt zu viele Menschen"


    Bezogen auf einen psychisch kranken Menschen, könnte diese Person frisch aus der Psychiatrie entlassen worden sein. Sie wurde offiziell resozialisiert (sie haben mich geändert), die Wurzel der Erkrankung besteht aber dennoch weiter (Es gibt zu viele Menschen). Diese Person wird nun auf die Gesellschaft wieder losgelassen, dieser Aussicht begegnet sie pessimistisch.

    Gehen wir von der Erde aus, wurde diese von den Menschen so verändert, dass sie nun die optimale Umgebung darstellt. Gebäude, Infrastrukturen usw. wurden gebaut. Zudem wurden menschenfeindliche Einflüsse wie die Tiere oder Naturgegebenheiten so weit vertrieben oder geändert, dass scheinbar alles meschenfreundlich ist (sie haben mich geändert). In Wirklichkeit ist die Erde aber noch ein Teil der Natur und die Veränderungen der Menschheit nur oberflächlich, dabei ist der Planet eigentlich nicht darauf ausgelegt, dass es so viele (zu viele) Menschen gibt...


    Ich kann sie nicht ertragen, sie quälen mich mit Scherzen

    Doch das Übel an Geräuschen ist das Schlagen ihrer Herzen!

    Da die psychisch erkrankte Person nicht in die gesellschaftliche Norm fällt, wird sie gemobbt bzw. verspottet (quälen mich mit Scherzen). Ich glaube jeder kennt das von der Schule ...., auch Erwachsene fügen sich gegenseitig seelische Schmerzen zu bzw. grenzen Personen aus, die anders sind. Dies findet häufig dann nur versteckter statt. Da diese Personen nur Ablehnung von ihrer Außenwelt gewohnt ist, hat sie wahrscheinlich eine Sozialphobie entwickelt. Die alleinige Präsenz anderer Menschen (also das Schlagen ihrer Herzen) ist ihr somit schon unangenehm und löst bei ihr Panik aus.

    Ähnlich kann man dies auch auf die Erde übertragen. Dadaurch dass die Menschen die Erde verändern, fügen sie dieser auch schaden zu. Gewässer werden vergiftet, Wälder gerodet, die Luft verschmutzt, Tiere ausgerottet... Die Menschen sind somit in den Augen der Erde eine Art Parasit bzw. Krankheit, die erst langsam bzw. lästig beginnt (quälen mich mit Scherzen). Mit der steigenden Anzahl an Menschen wird dies aber schlimmer (schlagende Herzen)

    Halt! Bleibt stehen!

    Ich kann es nicht, nicht ertragen!
    Hört auf zu schlagen!

    An dieser Stelle setzt der Refrain ein. Sowohl die psychisch kranke Person als auch die Erde wünschen sich, dass die Menschen stehen bleiben sollen. Bleibt stehen ist dabei eine interessante Wortwahl, denn diese kann doppelt gedeutet werden. Einmal dass die Meschen stehen bleiben, indem sie nicht mehr weiter gehen sollen. Bezogen auf die psychisch kranke Person, wünscht sich diese wahrscheinlich, dass sich ihr keine Menschen nähern und sie alleine bzw. in frieden gelassen wird.

    Bezogen auf die Erde kann das bleibt stehen aber auch auf den Herzschlag der Meschen bezogen sein. So wünscht sich die Erde, dass die Menschen sterben, da sie diese als eine Art Krankheit ansieht. Die gleich Doppeldeutigkeit lässt sich weiterhin aus dem Satz (hört auf zu schlagen) interpretieren. Der psychisch Kranke wird also vielleicht von seiner Umwelt misshandelt also geschlagen. Hierbei wird auch eine Steigerung deutlich, waren es erst noch Scherze, mit denen dieser Mensch verspottet wurde, wir er nun physisch misshandelt. Bezogen auf die Erde, wünscht sich diese wieder, die Herzen der Menschen würden doch bitte aufhören zu schlagen..

    Seht ihr nicht, mir geht's nicht gut


    Sowohl der psychisch Kranke als auch die Erde leiden unter den Menschen. Die Warnsignale sind da, doch niemand scheint darauf Rücksicht zu nehmen bzw. ggf. werden diese Anzeichen auch lieber ignoriert, als sie mit solch komplexen Problemlagen befassen zu müssen.


    Wie sie sich vermehren, sie kommen über mich in Scharen

    Ich kann sie nicht ertragen


    Nach dem Wort vermehren folgt das Wort kommen, bei Till ist das sicher kein Zufall :D. Aber es macht auch durchaus Sinn. Die Menschen vermehren sich nämlich ständig weiter und kommen bzw. haben deswegen Sex auf der Erde. Somit werden immer weitere Menschen erzeugt. Die Erde wird dabei förmlich überrannt von Personen (kommen über mich in Scharen). Schon jetzt herrscht auf der Welt eine Überbevölkerung, dieses Problem verschäft sich immer weiter...

    Den gleichen Kontext kann man auch auf den psychisch Kranken anwenden, dieser fühlt sich eben durch seine Sozialphobie erdrückt von den Menschen.


    Versuch sie auszumerzen
    Es dröhnt in meine Schläfen das Schlagen ihrer Herzen

    Dieser Zustand des Leides ohne Aussicht auf Besserung veranlasst die Erde und den psychisch Kranken zu einem folgenschweren Entschluss: Die Menschen auszumerzen...

    Stillgestanden in der Brust,
    Ein totes Herz ist kein Verlust
    Rührt euch nicht!
    Niemand quält mich so zum Scherz
    Ich lass' die Sonne an euer Herz

    Ich bringe Licht an euer Herz
    Die Entscheidung fällt nicht schwer
    Ich geh jetzt heim und hole mein Gewehr!

    Nun kommt das Finale des Liedes. Sowohl die Erde als auch der Gemobbte wollen sich an der Menschheit rächen (niemand quält mich so zum Scherz). Beide tragen die Auffassung in sich, dass ein totes Herz kein Verlust sei. Gerade bezogen auf die Erde macht dies doppelt Sinn, bedenkt man, dass die Menschheit für diese einfach eine Art Bakterium sein muss, dass sich lediglich zu sehr verbreitet hat. Dies erscheint gerade vor dem Hintergrund der Überbevölkerung besonders gravierend. Beide wollen also die Menschen ausmerzen, indem sie die Sonne an die Herzen der Menschen lassen.

    Die Sonne ist dabei eine von Till gerne verwendete Metapher, die er je nach Kontext anders benutzt.

    Hierbei steht die Sonne bezogen auf die pychisch kranke Person eben für das Gewehr, welches dieser sich nimmt und damit wohl Amok laufen wird. Damit lässt er also das Licht an die Herzen der Menschen, indem er diese ermordet Ein weißes Licht steht nicht umsonst für den Tod.

    Bezogen auf die Erde kann man die Sonne sogar tatsächlich als physische Sonne interpretieren. Nicht umsonst wird aktuell immer wieder vor der Klimaerwärmung gewarnt. Wärmt sich die Erde zu sehr auf, wird daraus eine Welle an heftigsten Klimakatastrophen folgen. Auch das Ozonloch könnte in diesem Zusammenhang genannt werden. Wie dem auch sei, bei der Erde muss also genau andersherum das Wort Gewehr metaphorisch gedeutet werden. Dieses ist in dem Fall die Sonne, welche dann eben die Erde so sehr aufwärmen wird, dass in Folge dessen Naturkatastrophen milliarden von Leben auslöschen werden.

    Ich lass' die Sonne in euer Herz


    Das Ende des Songs beschreibt also die Entscheidung zu einem Amoklauf. Dieser folgt reaktionär auf die ständigen Hänseleien und Grausamkeiten, welche die Menschen ihrer Umwelt zufügen. Dabei ist es egal, ob ein psychisch schwacher Mensch oder die Erde. Die Menschen sind häufig blind und sehr unempathisch bzw. ignorant, in dem was sie mit ihren Handlungen bewirken. Der Songtext beschreibt dies auf zwei komplett unterschiedlichen Ebenen, vereint diese aber dennoch sehr stimmig. Wiedereinmal wunderbar lyrisch verarbeitet durch Till :thumbup::thumbup::thumbup: