... Rammstein sind mit der Zeit everybody's Darling geworden und bis auf kleine Kommentare oder lokale Zeitungen haben die Provokationen niemanden mehr gestört.
Und was soll das mit der Profitgier? Es ist Aufgabe von Journalisten etwas zu schreiben und zu veröffentlichen. Und diese Vorwürfe haben nun mal ein "überragendes öffentliches Informationsinteresse". Und die Blätter berichten dann darüber. Hier wird doch nur von Profitgier geredet, weil es sich um Till handelt. Sonst habe ich das noch nie über irgendeinem Bericht gelesen.
... Blätter machen ihre Arbeit. Was ist prinzipiell verkehrt daran?
Sorry, nein.
Erstens ist klar, dass Zeitungen mit "Me-Too"-Berichten enormes Geld verdienen. Der Spiegel hatte mal selbst berichtet, dass unter den Top-Artikel, die zu Neu-Abos führen, immer wieder Metoo ist - gleich die beiden erfolgreichsten nach 5 Jahren Spiegelonline. Bei anderen Medien wird das nicht anders sein: Sex sells, insbesondere wenn er sich mit so schön mit moralischer ausfrechter Empörung verbinden lässt. Wenn dann offensichtlich oberflächlich bis schlecht recherchierte Artikel rausgehauen werden - und damit meine ich nicht nur zu Lindemann sondern genauso Mockridge oder Kevin Spacey usw. - darf man schon mal die Frage nach Profitgier stellen (angesichts der überall sinkenden Werbeeinnahmen könnte es freilich auch Profitverzweiflung sein). Insbesondere der Fakt, dass selbst nach Einstellung des Verfahrens und nach über einem Jahr erfolgloser Suche nach Opfern, die bereit sind, öffentlich Klage zu erheben, immer noch nachgelegt werden muss (siehe Podcast und neue Bücher), anstatt dass sich die Medien mal selbstkritisch fragen, ob man nicht übers Ziel hinausgeschossen ist, lässt sich ohne massive Profitinteressen mE kaum erklären.
Zweitens war Rammstein nie Everybody's Darling. Beispielhaft Nadine Langes Verriss von Lindemann (2020) Bzw. dem Album 7 (2019). Während des Skandals bekommt Frau Lange dann als "Expertin" im Morgenmagazin Sendezeit im ÖRR, und darf dort "Toxische Männlichkeit Markenkern von Rammstein" verkünden. Oder der Umgang mit dem Video von Deutschland und dem sofort erhobenen Antisemitismus-Vorwurf, unter anderem von Felix Klein, Antisemitismusbeauftrager der Bundesregierung, no less. Während des Skandals durfte derselbe Herr Klein dann die Absage der Konzerte fordern, schließlich gingen „Antidemokratische Diskriminierungen wie Antisemitismus, Frauenverachtung und Rassismus oftmals Hand in Hand“.
"Blätter machen ihre Arbeit"? Die ganzen Widerwärtigkeiten die gerade linke Medien über uns Fans auskippten, sind einfach "ihre Arbeit"? Vom Besuch der Konzerte, der "wie AfD-wählen" sei (Stern), über "die Avantgarde der Gemeinheit" (TAZ) bis hin zu Vero Krachers Aufruf im ND, Menschen im Rammstein-Merch anzupöbeln. (Jene Vero Kracher, die bei der Amadeo-Antonio Stiftung einen Job auf Steuerzahlerkosten hat und bei sämtlichen linken Parteistiftungen herumgereicht wird und über Antifeminismus referieren darf. Aber das würde hier zu weit führen.)
Ich weiß, dass es den meisten hier im Faden in erster Linie um Till geht, was er gemacht hat bzw. wie man sich dazu stellt. Das ist für mich einfach: Details kennen wir sowieso nicht, darüber hinaus gilt in einer freien Gesellschaft, dass wir uns alle an die gleichen Gesetze halten, im übrigen aber nicht den gleichen Moralvorstellungen folgen müssen. Über Till sind einige Dinge nun bekannt geworden: Wer die ablehnt, kann sich natürlich zurückziehen, oder die Kunst vom Künstler trennen, beides ist völlig legitim. Man kann aber die Dinge - den Darkroom unter der Bühne und das Castingsystem - auch einfach akzeptieren: Verboten ist es eben nicht, und wo keine Nachfrage (von Frauen, die Till gerne so nahe kommen wollen), da kein Markt. Es gibt in allen größeren Städten eine ganze Clubszene, die davon lebt, schnelle und anonyme Sexkontakte zu ermöglichen, auch und gerade "kinky" Sex inklusive inszeniertem Machtgefälle. Solange ich Till glaube, dass seine "Gästinnen" jederzeit "Nein"-sagen konnten, habe ich für meinen Teil kein moralisches Problem. Und gerade nach den ganzen Ermittlungen des letzten Jahres habe ich daran nicht den geringsten Zweifel.
Der eigentliche Skandal ist nicht Till, sondern die Medien: Die Unfähigkeit bzw. nicht vorhandene Bereitschaft, Kunst, Künstler und die Fans der Kunst zu trennen. Die Maßlosigkeit mit der unbewiesene (und von Anfang fragwürdige) juristische Vorwürfe und im übrigen das Intimleben eines Menschen zum nationalen Skandal hochgepuscht wurden. Immerhin wird die Musik eines Antisemiten wie Wagner immer noch gespielt, die Romane von Marquis de Sade sind immer noch zu kaufen, die Gemälde der Brücke-Maler sind immer noch genauso anzuschauen wie die von Emil Nolde. Und das alles völlig zurecht, wenn man mich fragt. Der Skandal war die mediale (und teilweise politische) Hexenjagd: Zum einen auf Till und die Band, zum anderen aber auch auf uns, die Fans - letztlich auf jeden, der abweichende Meinungen vertrat und nicht einfach "den Frauen glaubte", bzw. dem glaubte, was Journalisten über das berichtetern, was anonyme Frauen ihnen angeblich erzählt haben.
Für mich kann ich nur sagen, dass der Skandal meinen Blick auf mein Land, seine Medien und Parteien verändert hat. Aber immerhin: Eine "Avantgarde der Gemeinheit" konnte auch ich indentifizieren: Journalisten, die diese Hexenjagd angeschoben haben, betrieben und noch immer betreiben.