Beiträge von AlteFrau

    Dieses Video ist gewiß nicht leicht konsumierbar. Doch das gleiche gilt für den Songtext. Aus dem spricht ein Wesen ohne Identität. Hat es sie verloren? Hat es vielleicht nie eine besessen? Und was könnte das mit KI zu tun haben?

    Darüber nachzudenken lohnt sich.

    [off topic]


    Moin allerseits, - nach computerstreßbedingter Abwesenheit bedanke ich mich bei allen, die angesichts des Auftauchens von Frau Raute an mich dachten, -

    Ich vermute ja irgendwie, dass Raute AlteFrau ist. Wissen oder beweisen kann ich es nicht.

    - und gebe hiermit bekannt: daß ich nicht ihr Alter ego bin, wohl aber zu ihren Fans zähle, seitdem ich neulich hier im Forum von ihrer Existenz erfuhr. Wie sie in einem ihrer ersten Videos sagte, hat diese Reportage anno 2012 ihr Interesse an Rammstein geweckt; meines hingegen ist schon ein ganz klein wenig älter, und ich lebe auch, Gott sei's geklagt! nicht so gesund & gediegen wie unsere jetzt schon legendäre Frau Raute, die ich hiermit herzlichst grüße.

    Eine schräge Sache. Gut, daß ihr, was sie betrifft, so mißtrauisch seid.

    Schon das Cover des Buchs ist miserabel, der Titel ist peinlich, der Werbetext noch peinlicher, und der "Pearl-Verlag" ist zwar der Münchner Verlagsgruppe angeschlossen, offenbar schon seit 2017, existiert bis jetzt aber nur auf dem Papier, weil noch kein einziges Buch im "Pearl-Verlag" erschienen ist. Bei diesem Unternehmen handelt es sich wohl um eine Ich-AG von Till Müller, der - wie ich annehme - sein Buch bei keinem 'richtigen' Verlag hat unterbringen können, ja nicht einmal bei "riva", einem weiteren Imprint der Münchner Verlagsgruppe, wo bereits Ulf Lüdekes Am Anfang war das Feuer erschien. Auch dieser seltsame Umstand spricht nicht gerade für die Qualität des Fotobuchs, das - wie andere Online-Händler melden - im Format 21,5 x 21,5 cm zu haben sein wird. Solch ein mickriger Bildband, noch dazu über Rammstein? Das wird wohl seine Gründe haben.

    Auch ich wüßte gar zu gern,

    ob der Autor Vortipor um Erlaubnis gefragt hat?

    - und rate jedem davon ab, dieses Buch zu kaufen. Wer es unbedingt sehen will, kann es in einer kleinen feinen Buchhandlung auch kostenlos zur Ansicht bestellen. Sollte es jemand tun, wäre ich (und wohl nicht nur ich) dankbar für eine kleine Rezension.

    Auch Rentner (die immerhin größtenteils brav ihre GEZ-Gebühren gezahlt haben; von den vielen Steuern mal ganz abgesehen) haben ein Recht auf angemessene Information. Es geht mir - wie bereits gesagt - einfach nur ums Prinzip; in diesem Fall sogar ohne jeden Humor.

    Heute also ist es soweit. »Mit einem seit Monaten ausverkauften Konzert«, so meldet die dpa, »präsentiert sich die Band Rammstein heute im Berliner Olympiastadion«. Nun warte ich darauf, was die Tagesschau melden wird, falls ihr dieses Ereignis eine Meldung wert sein sollte.


    Scheiß drauf! werden viele Fans jetzt sagen; doch mir geht es ums Prinzip. Denn im Tagesschau-Archiv kommen Rammstein bisher nur ganz am Rande vor. Die Suche nach »Rammstein« ergibt zwar zehn Treffer seit 2007; doch fünf davon sind falsch, weil es um Ramstein geht. Und die übrigen Treffer?


    • 26.08.2007: Wladimir Kaminer erzählt in einem Nebensatz, R+ seien in Rußland die einzige bekannte deutsche Band.
    • 11.01.2013: Anläßlich einer Düsseldorfer Fotoausstellung über Kraftwerk wird deren »Einfluss auf Weltstars wie David Bowie, Depeche Mode oder Rammstein« erwähnt.


    Damals also war auch den Journalisten von der ARD schon längst bekannt, daß R+ zu den »Weltstars« zählten. Doch wie ging es weiter?


    • 11.12.2018: In dem Bericht Heino feiert seinen 80. Geburtstag heißt es: »Mit der Band 'Rammstein' trat er beim Heavy-Metal-Festival in Wacken auf [...].«
    • 26.02.2019: Über CTS Eventim wird gemeldet, die Ticketverkäufe, »etwa für die Rockgruppe Rammstein«, hätten im Schlußquartal des Vorjahres einen neuen »Rekordwert« erreicht.

    Ausgelassen habe ich nur den einzigen Satz im gesamten Sendungsarchiv, der dem Schaffen von Rammstein gilt. Er fiel am 18. April 2018 in der Anmoderation des Tagesthemen-Berichts Deutsch-RAP und Antisemitismus und lautet:


    Zitat

    Auch die Band Rammstein hat Erfolg mit fragwürdiger Symbolik und martialischen Auftritten.


    Und wie sieht es mit der Berichterstattung über andere deutsche Rock-Acts aus?

    37 Treffer zu Herbert Grönemeyer (erster: 2007)

    23 Treffer zu den Toten Hosen (erster: 2010),

    20 Treffer zu Udo Lindenberg (erster: 2004),

    11 Treffer zu Feine Sahne Fischfilet (erster: 2018)

    9 Treffer zu Tokio Hotel (4 davon sind falsch; der erste korrekte stammt aus dem Jahr 2007)

    9 Treffer zu den Scorpions (erster: 2007, einer doppelt)
    4 Treffer zu Kraftwerk (erster: 2010, einer doppelt)


    Was das zu bedeuten hat, ist wohl schon jetzt ziemlich klar und wird noch viel klarer, wenn man sich alles genauer ansieht. Die ARD berichtet nicht neutral über die Erfolge der im In- und Ausland bekanntesten deutschen Rockmusiker. Sie verschweigt den Zuschauern im Inland, was sie offenbar nicht wissen sollen. Daß es auch ganz anders geht, zeigt die staatliche Deutsche Welle. Den Zuschauern im Ausland scheint die ARD mehr Urteilskraft zuzutrauen als den deutschen Gebührenzahlern.


    Daran wird sich auch heute ganz gewiß nichts ändern. Sollte sich die ARD dazu herablassen, über Rammstein zu berichten, dann voraussichtlich nur so, wie die dpa es heute morgen am Ende ihrer immerhin nicht durchweg negativen Meldung vorgegeben hat:


    Zitat

    [...] Interpretationsspielräume, das martialische Auftreten in Videos und auf der Bühne, nicht zuletzt direkte oder indirekte Zitate von NS-Ikone Leni Riefenstahl haben einer der weltweit erfolgreichsten deutschen Bands oft den Vorwurf eingebracht, sehr weit am rechten Rand zu spielen.


    Ja, die Rammstein in Berlin, ausgerechnet im Olympiastadion, wo 1936 die NS-Ikone Leni Riefenstahl ihren Propagandafilm für Hitlerdeutschland drehte, und nun grölen dort wieder die Massen, mit gereckten Armen, Deutschland! Deutschland über allen! im Takt brachialer Marschmusik, dargeboten von sechs martialischen Muskelprotzen vor einer pompösen Kulisse, faschistische Ästhetik, ein gespenstisches Bild; doch sicherlich wird ein Rockexperte den Zuschauern sagen, was die Redaktion der Tagesschau für wichtig und für richtig hält, falls sie sich zähneknirschend dazu entschlossen haben sollte, dieser umstrittenen Band mehr als einen kurzen Satz zu widmen, zum allererstenmal* seit 25 Jahren.



    * Angabe ohne Gewähr.

    Da heute (eigentlich müßt' ich gestern schreiben) vor 40 Jahren Unknown Pleasures von Joy Division erschien, habe ich heute auch mal wieder eine der Singles gehört, die mich im November 1965 auf JD und Artverwandtes vorbereitet haben: Still I'm Sad von The Yardbirds. Hier ist zu hören, wie das Stück damals klang. Es erreichte die No. 3 der britischen Charts, war aber bald von den meisten vergessen.


    "Das muß sich ändern", sagte ich, als mein Mitmusiker Andreas und ich 1986 dabei waren, eine neue Band zu gründen. Er sollte ein passendes Gitarrenarrangement liefern, ich einen deutschen Text, denn wir wollten aus Prinzip nur deutsche Texte haben. Zwei Stunden vor dem nächsten Treffen in unserem Bunkerraum war mir noch immer nichts eingefallen. Ich sah verkatert aus dem Fenster - und schon war das Problem gelöst:

    Sieh den Regen, der sacht vom Himmel fällt
    Vor dem Fenster liegt die stille Welt
    Sieh den Rauch, der gedrungen über nasse Dächer zieht
    Sieh den Vogel, der in den Süden flieht

    Stadt in Grau
    Stadt in Grau

    Und so weiter.


    "Ich hab was", sagte Andreas im Bunker und begann zu spielen. Es paßte perfekt zum Original und zu meinem neuen Text.


    Was wir an jenem nebligen Novembersonntag machten, war vier Monate später zum erstenmal auf einer Bühne zu hören. Im November 1990 erschien unser erstes und einziges Album; was einst unser Logo war, ist hier im Forum mein Avatar. Als wir zehn eigene Stücke und zwei Coverversionen (darunter auch Stadt in Grau) in einem kleinen Studio einspielten, nur bei zwei Songs unterstützt von einer jungen Cellistin, gab es The Scarlet Letter schon nicht mehr. Wir hatten jahrelang gesucht und keine Gleichgesinnten gefunden. Alle wollten rockig, punkig, funkig oder sonstwas klingen, aber immer total international. Wir hingegen wollten nur so klingen wie wir selbst, und wir glaubten fest daran, daß es auch in Deutschland Leute geben müsse, die so dachten wie wir. Allen anderen widmete ich das Titelstück Friß oder stirb. Es ist das erste des Albums und beginnt mit diesen Worten:

    Hüte dich vor der Wahrheit
    Fürchte sie wie Feuersbrunst


    Sei wie die andern
    Stell keine Fragen
    Vertraue den Schwätzern
    Was sie auch sagen


    Als ich im September 1989 zum ersten- und zum letztenmal als Sängerin vorm Mikro stand, dachte ich während einer Aufnahme unwillkürlich an die Protestaktionen in der DDR. Ich wußte, daß die Mauer fallen würde, und zwar noch vor Jahresende.

    Leuchtender Bogen am Horizont
    Ein dunkler Nebelkreis
    Geheimnisvolle Flammen
    Gelblich und weiß
    Grün und rot und violett
    Ein flackernder Lichterdom
    Magnetische Gewitter
    Die Welt steht unter Strom


    Dieser magische Moment ist in Nordlicht verewigt.

    *


    Es ist also kein Zufall, daß ich mich in diesen flammenden Tagen wieder an all das erinnere, was The Scarlet Letter im Sommer 1989 in einem Bremer Tonstudio trieben, während Feeling B zeitgleich in Ostberlin bei Amiga Party machten.

    Rammstein sind seit heute wieder die No. 1 in den deutschen Albumcharts. Unter den ersten fünf Singles sind sie nicht mehr vertreten. Aber Lil Nas X steht noch immer stabil an erster Stelle, und das ist zumindest für mich ein Trost, weil Old Town Road ein origineller Popsong ist, der mich an die gute alte Zeit erinnert, als es noch mehr davon gab. Auch der weltweite Erfolg dieses kurzen Stücks ist ein gutes Zeichen.

    Gerade habe ich eine Instrumentalversion von Diamant gefunden, nur für zwei Gitarren (Akkorde und Melodie). Anhand dieser auf die musikalische Substanz des Stücks reduzierten Version kann man sehr schön hören, daß es sich um eine kleine, aber feine und rundum stimmige Komposition handelt, die gerade durch ihre Schlichtheit wirkt.

    Anhand dieses Falls läßt sich auch zeigen, warum es für die Beurteilung von Songs so wichtig ist, zwischen der Komposition (Text und Melodie) und allem anderen (Arrangement, gesangliche Darbietung, Produktion) zu trennen. Gerade bei Rammstein ist dies besonders wichtig. Daß Rammstein Musik zu bieten haben und nicht bloß einen geilen Sound oder fürchterlichen Krach, merken ungeübte Hörer erst, wenn man ihnen diese Lieder ohne Verpackung serviert, also nur in einer aufs Wesentliche reduzierten Akustikgitarren-, Klavier- oder A-cappella-Version. Songs, die das nicht vertragen, haben keine musikalische Substanz.

    An dieser Stelle möchte ich bemerken, daß Diamant durchaus nicht zu kurz ist, sondern ein aus zwei Sechszeilern und einem Refrain bestehendes Gedicht, worin alles gesagt wird, was zu sagen war, ganz so wie in Goethes kurzen Gedichten oder ähnlichen der Romantik. Wenn man solche Gedichte vertont, muß man sehr darauf achten, daß man sie musikalisch nicht überfrachtet. Rammstein haben das getan und deshalb auch auf einen Mittelteil und/oder einen instrumentalen Schluß verzichtet, von unnötigen Textwiederholungen ganz zu schweigen. Im Hinblick auf das letzte Wort (Stein) hätte sogar jeder noch folgende Ton dem Lied geschadet, das mehr mit den Liedern von Schubert zu tun hat als mit Popsongs oder sog. Rammsteinballaden. Es ist etwas, das es in ihrem Repertoire bisher noch nicht gegeben hat und daher auch ein konzentrierteres Hören erfordert als gewöhnlich.

    Jedem, der Rammstein noch besser verstehen will als bisher, kann ich nur mal wieder dringend empfehlen, sich einmal mit Schubert zu befassen. Am gewöhnungsbedürftigsten sind leider die Interpretationen der klassisch geschulten Sänger. Man muß lange suchen, um eine zu finden, die man gut ertragen kann. Aber diese Version plus Video von ja wohl den meisten hier im Forum bekannten Erlkönigs von Goethe (eine echte Ballade, also etwas anderes als eine ballad im popmusikalischen Sprachgebrauch) ist ein schöner Teaser.

    Weil die Musik von Rammstein bereits von Anfang an mehr mit der deutschen Musik des frühen 19. Jahrhunderts zu tun hat als mit alledem, was 'Rock' oder 'Metal' genannt wird, ist sie auch seit jeher unter aufgeschlossenen Klassikmusikern so beliebt; ich sage nur: Sven Helbig. Was Rammstein ihm und seinesgleichen zu verdanken haben, sollte jedem bewußt sein. Bei Helbigs Musensohn-Remix von Mann gegen Mann handelt es sich übrigens um eine Schubert-Parodie.

    Dies nur für alle, die sich nie mit klassischer Musik beschäftigt haben. Je mehr man darüber und auch über die Klassiker der Popmusikgeschichte weiß, desto inniger kann man Rammstein lieben.

    [...] ein Schelm wer böses meint, wenn zwischen den beiden Konzerten ausgerechnet dieser Artikel heute in der Heimatzeitung erscheint.

    Ja, es ist gar zu offensichtlich, was es zu bedeuten hat, daß der Artikel heute erschien. Doch Deutschland ist gespalten, und auch die einst als seriös geltenden Tageszeitungen sind in immer höherem Maße darauf angewiesen, jeweils zwei Parteien zu bedienen, anstatt neutral zu berichten und sachlich zu kommentieren. Schon daß inzwischen so viele Artikel über Rammstein nicht mehr frei verfügbar sind, spricht Bände.

    Zitat

    So einen üblen Verriss habe ich wirklich in so einer Form noch nie gelesen

    In der deutschsprachigen Tagespresse ist mir solch ein Artikel auch noch nicht begegnet. Doch es ist schon längst die allerhöchste Mode, scheint inzwischen allerhöchste Mode zu werden, daß auch Leute, die von einer Sache nichts verstehen, sich in den 'seriösen' Medien ausführlich darüber verbreiten können. Und es wird noch schlimmer werden, nicht nur Rammstein betreffend.

    Heute in der Heimatpresse (Sächsische Zeitung) ein Verriss auf die Band eines Gastautoren. Wie gehabt, die alte Nazi-Schiene...

    Dieser Artikel war bereits in der NZZ zu lesen; es handelt sich um diese Tirade , über die ich am 6. Juni hier etwas geschrieben habe. Da es sich bei dem Verfasser um den renommierten Historiker Michael Wolffsohn handelt, wundert es mich nicht, daß das Pamphlet nun auch in Deutschland die Runde machen wird. Es ist ein trauriges Beispiel dafür, was sogar in einem intelligenten Kopf passieren kann, wenn Kunst und Politik einander in die Quere kommen und es sogar im akademischen Umfeld eines immerhin schon 72jährigen Professors offenbar niemanden gibt, der ihn auf grobe und leicht widerlegbare Fehleinschätzungen hinweist. Doch letztlich geht es hier auch gar nicht um Kunst, sondern einzig und allein um Politik.

    Wichtig zu wissen ist, daß es sich bei dem mutmaßlichen Opfer um einen Rechtsanwalt handelt, von dem sogar ein Foto zusammen mit Till existiert. Der Mann *war* offenbar ein Rammsteinfan, der auch selbst Musik macht; auf der Startseite seiner Kanzlei ist er in seinem Büro zu sehen; hinter ihm eine Fender Stratocaster mitsamt Verstärker. Nach seiner Darstellung soll, bis auf den Satz "Ich würde das Doppelte für dich bezahlen", alles ganz anders gewesen sein. In den Medien (so etwa vom Donaukurier) wird nun dieses Zitat aus BILD verbreitet:

    Zitat

    „Ich habe niemanden beleidigt. Ich habe auch niemanden eine Prostituierte genannt“, erklärt der Mann der Bild-Zeitung nun. „Ich muss missverstanden worden sein. Ich habe weder um ein Selfie gebeten, noch habe ich die Fäuste geballt und ihn aufgefordert, vor die Tür zu kommen“, wird der Mann weiter zitiert.


    Damit die Sache nicht noch weitere Kreise zieht, empfiehlt sich eine gewisse Zurückhaltung bei allem, was hier über den Anwalt geschrieben wird.