Alles anzeigenPuh. Ich bin seit fast 20 Jahren Fan von dieser Band, habe sie extrem vergöttert und war bis zum Schluss fasziniert von den neuen Veröffentlichungen, was wirklich eine Seltenheit bei vielen meiner alten Lieblingsbands ist (Zeit war m.M.n. ein großartiges Album).
Aber mit den aktuellen Vorwürfen weiß ich mittlerweile nicht mehr, wohin das alles führen wird. Ich habe diesen Thread fast komplett gelesen (ja, das war stellenweise hart...) und viele Artikel der aktuellen Berichterstattung durchgelesen, einschließlich der kürzlich erschienenen Rechercheergebnisse der Süddeutschen (ich empfehle allen interessierten, sich ein Probeabo zu machen, man kann das ja kündigen). Und was soll ich sagen? Vieles, was man noch angenommen hatte, scheint sich zu bewahrheiten, auch wenn die Unschuldsvermutung bis zum rechtmäßigen Urteil weiterhin im Raum steht.
Tills Verfall hat sich mit seinem Soloprojekt langsam angedeutet, als das Video zu ,,Platz Eins" 2020 rauskam und Pornoszenen beinhaltete, die anders als bei Rammstein's Video zu ,,Pussy" wohl nicht mehr gestellt war. Dann kam Till the End (wenn ich nur an den Song dazu denke kriege ich PTSD) und es hat mich schon etwas verstört als Fan, der die Band immer als schwarze, martialische Satire verstanden und vergöttert hatte. Ich dachte, dass das alles Theater sei und dass es sich bei den Menschen hinter der Band um geistreiche, humorvolle Musiker handelt, die letzten Endes ihr Herz am rechten Fleck tragen.
Mit diesem stumpf inszenierten Rumgebumse hat ,,Oppar" (shoutout an Hellmood) leider dann angefangen, das Bild des unausstehlichen, widerlichen Sängers, das zuvor vielleicht ein bürgerlicher nicht-Fan von ihm hatte, auf mich als Fan zu übertragen und seine Kunst zu entwerten. Und mit der jetzt aufkommenden MeToo-Debatte und dem damit immer stärker werdenden Sturm in der Medienwelt, welcher neue Details und mehr Berichte an die Öffentlichkeit bringt, scheint sich das weiter zu bestätigen.
Und dann muss ich auch an den Rest der Band denken... wir wissen ja, dass Rammstein als eine demokratische Band organisiert ist, jeder hat Mitspracherecht. Und dadurch führte die Produktion viele ihrer Alben immer fast zu einer Trennung der Band, weil bestimmte Mitglieder stark aneinander gerieten. Was die anderen, die mit Tills Machenschaften nichts zutun haben wollen, jetzt wohl denken? Ich fand es jedenfalls ziemlich respektlos von Till, wie er auf seinen Solokonzerten ein Video vorführte, wo er sich unter der Bühne mit ein paar Damen vergnügt, während der Rest seiner Kollegen das Intro zu Deutschland, einem der bedeutsamensten Songs, performten (was am Ende des Clips unmissverständlich hörbar war). Es würde mich jedenfalls nicht wundern, wenn die Band mit dem, was gerade passiert, endgültig zerreißt, weil sie keinen Bock auf seine (mittlerweile grenzüberschreitende) Egotrips hat.
Ich hoffe natürlich weiterhin, dass das alles restlos aufgeklärt wird und ich mit gutem Gewissen in einem Monat auf zwei Konzerte der Band gehen kann, aber es sieht ehrlich gesagt ganz und gar nicht gut aus. Froh bin ich aber darüber, dass ein paar der alten Hasen hier im Forum die teilweise wirklich niveaulosen, unüberlegten und frauenverachtenden Kommentare in diesem Thread scharf verurteilen und die Situation möglichst rational bewerten. Es tat wirklich gut eure gut geschriebenen Beiträge zu lesen, Asche-zu-Asche, Hummel und Super E10. Ihr seid ein Beispiel für integrere Rammstein-Fans. Und wenn das jetzt das Ende sein soll, dann ist es so. Ich wäre dann dankbar, dass ich so viele Jahre meinen Spaß haben konnte mit dieser Band.
Vieles davon spricht mir aus dem Herzen. Die Band begleitet mich seit 2001 und gewissermaßen stehen wir nun vor einem Scherbenhaufen. Die Kunst entwertet, und damit geht leider auch einher, dass viele der Erinnerungen - seien sie direkt mit der Musik von Rammstein oder der Band durch Konzerte etc. verknüpft, oder aber auch persönliche, private Gefühle und Stimmungen - einfach niemals mehr die selben sein können wie zuvor. Die Vorfreude meiner beiden Konzerte dieses Jahr tendiert leider gegen Null und ich bin mir nahezu sicher, dass es die letzten sein werden.
Der Imageschaden für Rammstein ist jetzt schon riesig, das wird sich auch kaum noch umkehren können. Und da ist es ja auch eigentlich erstmal egal, wie es ausgeht. Das macht mich leider schon ganz schön traurig. Bei mir kanalisiert sich große Enttäuschung und Wut auf Till. Meinetwegen kann er ja moralisch verwerflich sein, ich muss ihn ja nicht mögen oder mit ihm befreundet sein. Aber sollte sich auch nur ein Fünkchen von alldem bewahrheiten, übersteigt das alles, was irgendwie vertretbar wäre. Ich kann mir leider gerade absolut nicht vorstellen, wieder unbefreit Rammstein zu hören und nicht im entferntesten daran zu denken - selbst wenn nur sagen wir 10 % an der Stories wahr sein sollten (was ich nicht glaube, es wird mehr sein), das würde schon genügen um kein gutes Gefühl mehr zu haben. Und Till prägt die Band nunmal wie niemand sonst. Und das ist echt traurig nach über 20 Jahren, die ich diese Musik sehr intensiv höre. So viel, was ich mit den Liedern verbinde, wie gesagt. Das fuckt mich grade echt ab. Selbst einfach mit nem Rammstein Shirt rum zu spazieren kommt mir gerade äußerst unpassend vor. Und wie gesagt, es wird halt immer was hängen bleiben.
Till am Boden...
Stimmung war richtig gut, hatte einen tollen Abend. Da konnte ich es auch verschmerzen, dass die Setlist etwas weniger gut war als letztes Mal 2018 und dass sie nur exakt 2 Stunden gespielt haben, eigentlich ist man mehr von ihnen gewöhnt.
